© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/11 / 11. November 2011

Unter Draghi folgt die EZB der gefährlichen Geldpolitik der Fed
Nun auch Konjunkturhüter
Klaus Peter Krause

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird umfunktioniert. Ihre jüngste und allgemein überraschende Leitzinssenkung von 1,5 auf 1,25 Prozent hat ihr neuer Präsident, der frühere Goldman-Sachs-Vize Mario Draghi, mit der „hohen Unsicherheit“ begründet, die die Wirtschaft belaste. Alles deute auf eine schwächere Konjunktur hin. Das Wachstum sei im zweiten Halbjahr wegen der Spannungen an den Finanzmärkten nur noch langsam gewesen.

Zum Jahresende werde es eine „milde Rezession“ geben. Allein die Sorge vor einer sich andeutenden Konjunkturschwäche hat also die EZB zu diesem Schritt bewogen. Deutlicher kann sie gar nicht kundtun, welche Kehrtwende sie damit einschlägt. Nun nämlich folgt sie einem Doppelmandat und ist ganz offen in das Fahrwasser der US-Zentralbank Fed eingeschwenkt, die ihre Geldpolitik schon immer an zwei Zielen nebeneinander ausrichtet: Wachstum sichern und den Geldwertverfall des Dollar zügeln. Dagegen ist die EZB nach ihren Statuten nur einem einzigen Ziel verpflichtet: den Geldwert des Euro stabil zu halten – so, wie es die Deutsche Bundesbank gegenüber der D-Mark einmal war.

Daß ebenso auch die EZB zu verfahren hat, ist im Regelwerk zur Euro-Währungsunion verpflichtend niedergelegt. Damit sollten die Deutschen beruhigt und gewonnen werden, die den Verlust der D-Mark mehrheitlich abgelehnt hätten, wenn sie denn darüber hätten abstimmen dürfen. Daher hätte die EZB den Leitzins jetzt nicht senken dürfen, sondern, im Gegenteil, erhöhen müssen. Denn die statistisch berechnete Inflationsrate des Euro beträgt inzwischen schon drei Prozent, und die „gefühlte“, die sich ebenfalls berechnen läßt, ist sogar noch höher. Die EZB soll die Währung hüten, nicht die Konjunktur. Auch soll sie mit ihrer Geldpolitik nicht das Zinsniveau drücken, um verantwortungslosen Politikern und Finanzjongleuren das Schuldenmachen zu erleichtern und ihre Staaten in die Überschuldung zu treiben.

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