© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/11 / 11. November 2011

Ethnische Bruchlinien
Integration, Assimilation, Bürgerkrieg: Die VII. Bielefelder Ideenwerkstatt spürt den Ursachen und Konfl iktpotentialen der modernen Völkerwanderung nach
Werner Becker

Das 21. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Migrationsbewegungen. Fast 200 Millionen Menschen sind derzeit über die Ländergrenzen hinweg auf der Flucht vor Hunger, Krieg und Verfolgung oder auf der Suche nach einem besseren Auskommen. Die siebte „Bielefelder Ideenwerkstatt“ der Burschenschaft Normannia-Nibelungen spürte mit rund hundert Teilnehmern den Ursachen und Konfliktpotentialen dieser modernen Völkerwanderungen auf hohem Niveau nach.

Ein Land müsse sich seine Einwanderer gut aussuchen, forderte Rolf Stolz in seinem Eröffnungsvortrag. Integration sei nicht genug, sie laufe für Einwanderer auf ein Mitleben in der Gesellschaft als ewige Fremde hinaus; notwendig sei Assimilation als Sich-ähnlich-Machen, das mit der Akkulturation beginne und am wirksamsten durch Heiraten mit Einheimischen dokumentiert werde, denen sich türkisch-orientalische Einwanderer besonders hartnäckig verweigerten. Ghettos müßten aktiv bekämpft werden, etwa durch Zuzugsbeschränkungen für überfremdete Stadtteile.

Gelingt das nicht, droht der Staatszerfall entlang ethnischer Bruchlinien. Wachsende Deutschenfeindlichkeit nichtassimilierter Einwanderer mache den Autochthonen den öffentlichen Raum streitig und verdränge sie aus ganzen Stadtteilen, analysierte der Publizist Michael Paulwitz. Sowohl die zahlenmäßige Dimension der Haßverbrechen von Ausländern an Deutschen als auch die „Feindbestimmung“ nach Kriterien der Volks- und Kulturzugehörigkeit ließen eine Verharmlosung als „Einzelfälle“, lediglich „soziales“ Phänomen oder Spielart der „Jugendgewalt“ nicht zu.

Der Verleger Götz Kubitschek, der gemeinsam mit Paulwitz das Buch „Deutsche Opfer, fremde Täter“ verfaßte und das Internetprojekt www.deutscheopfer.de initiiert hat, deutete das Zunehmen deutschenfeindlicher Gewalt „seismographisch“ als Anzeichen eines „Vorbürgerkriegs“. Demographische Schwäche, Dekadenz und PC-induzierte „Deutungsverblendung“ lasse die Deutschen wehrlos in den kommenden Konflikt hineingeraten und könne durchaus zu einem „stillen Verschwinden“ führen.

Die „Intifada der jungen muslimischen Männer“ (Bassam Tibi) kann auch in Deutschland bald real werden, wenn das Geld zur Ruhigstellung nicht mehr reicht. Udo Ulfkotte bezifferte die Schäden im deutschen Sozialsystem durch falsche Einwanderung auf über eine Billion Euro – mehr als die Kosten der Wirtschaftskrise.

Wilhelm Hankel schlug den Bogen zu den Ursachen von Migration im globalen Finanz- und Wirtschaftssystem. Wanderungsbewegungen folgten wirtschaftlichen Chancen; um sie umzukehren, müßten zuerst falsche Kapitalströme umgedreht werden: Schwellenländer müßten ihre Ersparnisse zu Hause investieren, statt dafür wertlose westliche Papiere zu kaufen; und europäische Banken müßten statt in griechische Staatsanleihen in Wertschöpfung in der Dritten Welt investieren, wenn denn dort funktionierende Rechtssysteme entstünden.

Zuerst-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter legte am Beispiel Syrien dar, wie westliche Politik selbst mutwillig unnötige Flüchtlingsströme provoziere. Der „Wirtschafts- und Medienkrieg“ gegen den syrischen Staatschef Assad, an dem auch Deutschland beteiligt sei, könne zum Sturz eines säkularen und zur Etablierung eines islamistischen Regimes führen, das Millionen von Christen, die wie die schon aus dem Irak geflohenen seit Jahrtausenden dort lebten, aus dem Land treiben könne.

Kann ein Sohn chinesischer Eltern, die vor 45 Jahren aus Hongkong einwanderten, dem deutschen Volk angehören? Die Auseinandersetzung hierüber beschäftigte im Sommer die Deutsche Burschenschaft und schlug auch me-dial hohe Wellen (JF 24/11, 26/11). Kai Ming Au, „deutscher Burschenschafter mit Migrationshintergrund“, schilderte auf dem Haus der Normannia-Nibelungen die Kontroverse aus seiner Sicht. Sein Auftritt machte deutlich: Auch als Abstammungsgemeinschaft ist ein Volk dynamisch und ergänzt sich immer wieder durch Einwanderer, die sich binnen ein, zwei Generationen in Sprache, Mentalität und Identität, Geschichts-, Rechtsempfinden und Staatsloyalität vollständig assimilieren. Ein Normalfall, der zu oft die Ausnahme bleibt.

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