© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/11 / 11. November 2011

Versagen der Kapitalismuskritik: Was ist neu an dieser Krise?
Ohne produktive Konsequenzen
(wm)

Im Vergleich mit dem „Gründerkrach“ von 1873, der vor allem das neugegründete Deutsche Reich und Österreich-Ungarn beschwerte, und der durch den „Schwarzen Freitag“ an der New Yorker Börse ausgelösten Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre analysiert der Berliner Sozialhistoriker Jürgen Kocka, „was heute neu ist“ an der „aktuellen Krise des Kapitalismus“ (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte 9-2011). Neu an der seit drei Jahren anhaltenden Talfahrt sei die Dominanz des von der Realwirtschaft losgelösten Finanzmarkt-Kapitalismus. Dessen Katastrophe habe sich seit 2008 nur durch einzigartige Staatsinterventionen verhindern lassen. Die Krise sei dadurch vom Markt auf den Staat verschoben worden. Vorläufig nur als Nebeneffekte resultierten daraus Legitimationsprobleme für die demokratische Ordung und, wie in der Europäischen Union, für die internationalen Beziehungen. Anders als 1873 und 1929 falle heute auch die Kapitalismuskritik als wichtiges Instrument zur Systemkorrektur beinahe aus, erscheine der Kapitalismus „ohne richtige Alternative“, nicht zuletzt weil Kommunismus und Faschismus seine Gegnerschaft nachhaltig „diskreditiert“ hätten, wie Kocka schon 2009 beklagte. Jedenfalls hätte die wirtschaftstheoretische Kritik bisher „kaum produktive Konsequenzen gehabt“, die den Vergleich mit der Nationalökonomie der 1930er bestünden. www.frankfurter-hefte.de

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