© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Grüße aus Budapest
Made in Hungary
Jan Mainka

Vergangenen Freitag, also am selben Tag, an dem die Ramsch-Status-Drohung der drei großen internationalen Ratingagenturen bewirkte, daß Ungarn zähneknirschend wieder mit dem IWF in Verhandlung treten mußte, öffnete der Budapester Weihnachtsmarkt auf dem Vörösmarty Platz seine Pforten. Zeit zum Innehalten.

Nachdem es in den Vorjahren nur geringfügige Änderungen gab, präsentiert sich der Markt in diesem Jahr mit einem neuen Gesicht. Wohltuend fällt auf, daß zugunsten einer besseren Bewegungsfreiheit die Zahl der Buden verringert und die Breite der Gassen leicht vergrößert wurde. Die mengenmäßige Ausdünnung des Angebots erfolgte dabei nicht willkürlich, sondern nach durchdachten Qualitätskriterien, über deren Durchsetzung eine strenge Jury aus Vertretern verschiedener Gewerbe achtete. Wer überhaupt zum Zuge kommen wollte, mußte auf jeden Fall zwei K.o.-Kriterien genügen: Seine für den Markt gedachten Auslagen mußten ungarischer Herkunft sein und zugleich eine hohe Qualität aufweisen.

„Gastland Belgien sorgt mit Schokolade und Bier für etwas internationales Flair.“

Mit Fernost- oder Ramschprodukten hat man dieses Jahr keine Chance. Auch nicht im Gastronomieteil, der ohne Pizza, Hamburger, Gyros & Co. durch ein gefährlich hohes Verführungspotential glänzt. Glühwein? Klar, den Weihnachtsklassiker gibt es auch hier an unzähligen Ständen.

Völlig national ist das Angebot indessen nicht. So bekommt das Gastland Belgien die Chance, mit Schokolade und Bier für etwas internationales Flair zu sorgen. International geht es auch in anderer Hinsicht zu. Ein mehrsprachiger Internetauftritt, mehrsprachige Hinweisschilder und zumeist der englischen Sprache mächtige Verkäufer signalisieren deutlich, daß man sich auf den Besuch möglichst vieler ausländischer Gäste freut.

Die Jury hat bei der Auswahl der Anbieter eine gute Hand gehabt. So besteht der größte Teil der angebotenen Waren nicht etwa aus irgendwelchen unpraktischen folkloristischen Staubfängern, sondern aus traditionell gefertigtem Geschirr, Hüten, Schmuck, Spielzeug und vieles mehr – alles Dinge, die man durchaus braucht, die es im Einzelhandel überwiegend aber nur noch mit dem Aufdruck „Made in China“ gibt. Eigentlich schade, der Budapester Weihnachtsmarkt zeigt: Diesen weiten Transportweg könnte man auch einsparen.

 

Jan Mainka ist Gründer und Herausgeber der „Budapester Zeitung“ www.bzt.hu