© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Niklas Julebukk, der letzte seiner Art
Kindgerecht: Oliver Dieckmanns Film „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“
Ellen Kositza

Kinder an gute Literatur, an Musik und bildende Kunst heranzuführen ist ein leichteres Unterfangen als sie mit dem Medium Film vertraut zu machen. Die Auswahl an „Kindgerechtem“ ist hier einerseits so groß wie andererseits qualitativ bescheiden, zumal was aktuellere Produktionen angeht. Die Disney-Schinken und ihre konventionelle Verwandtschaft mögen nicht schaden, dennoch klingt selbst die Prädikatsverleihung „Besonders wertvoll“ in der Regel wie eine blecherne Münze. Ästhetische Erziehung geht anders, vom sittlichen Nährwert ganz zu schweigen.

Hervorragende Filme sind deutlich rarer gesät als ihre papierenen Kameraden. Und weil das so ist, darf man mit der gleichnamigen Verfilmung des Cornelia-Funke-Buches „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ doch ziemlich zufrieden sein: Grundschüler Ben (hübsch: Noah Kraus, der mit fünf Geschwistern aufwächst) ist gerade von München in die Kleinstadt gezogen. Hier Fuß zu fassen, fällt ihm schwer, die coolen neuen Klassenkameraden machen es dem Kleinen nicht eben leicht.

Als Mutprobe klopft er bei dem rätselhaften Bauwagen an, der plötzlich am Rande des Wohngebiets steht. Darin haust mit zwei Kobolden und zwei Engeln Niklas Julebukk – ein junger Weihnachtsmann, der letzte seiner Art. Er ist in der Nacht zuvor den himmlischen Gefilden entflohen. Denn: Der böse Waldemar Wichteltod (nahezu grandios: Volker Lechtenbrink!) und seine Schergen hassen diese (vor-)weihnachtliche Heimseligkeit, für Plätzchenbackerei und naive Kinderwünsche haben sie nur Hohn übrig. Ihr Ziel: Weihnachten vollends zu einer Konsum-Orgie zu machen. Eltern, die ihren „Kindermonstern“ Hightech-Spielzeug und Plastekram in den Wunschzettel diktieren, sind ihnen gerade recht.

Darum haben sie alle wahren Weihnachtsmänner zu Eissäulen verwandelt und die fleißigen Kobolde aus den Himmelsmanufakturen in kommerziellen Fabriken versklavt. Einzig Niklas (mit norddeutschem Dialekt: Alexander Scheer) ist dem düsteren X-mas-Organisator entkommen. Doch nur mit Hilfe von Noah und dessen kleiner Nachbarin Charlotte (die 197 Freunde hat – wo, ist klar) kann Niklas diesen Kampf gewinnen.

Freilich ist es ein Kulturkampf auf profaner Ebene – der heilige Nikolaus und das Christkind spielen hier nicht die leiseste Rolle. Advent und Weihnachten als beschauliches Familienfest zu erhalten, gerade die unausgesprochenen Kinderwünsche ernstzunehmen, nicht mehr und nicht weniger wird hier verhandelt. Da das alles – abgesehen von den erwartbaren musikalischen Einlagen – hübsch, mit kindgerechter Spannung, rührend und doch unterhalb der Kitschgrenze dargeboten wird (Regie: Oliver Dieckmann), darf man diesen Kinderfilm getrost empfehlen.

Fotos: Waldemar Wichteltod (Volker Lechtenbrink); Engel Matilda (Christine Urspruch) und Emmanuel (Charly Hübner) in der Weihnachtswerkstatt: Konsum-Orgie contra …; Charlotte (Mercedes Jadea Diaz) und Ben (Noah Joel Kraus) freuen sich über die Geschenke des letzten Weihnachtsmanns (Alexander Scheer): … beschauliches Familienfest