© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/11 / 09. Dezember 2011

Der Hammer schlägt
Stefan von Kotzes Feminismuskritik
Bernhard Knapstein

Frauen feuern heute in Uniform auf den Feind oder in Zivil ihre Mitarbeiter. Der Regierungs-chef der Bundesrepublik ist eine Frau und ihre wichtigsten Ratgeber sind gleichfalls Frauen. Die Topmanagerin, die eine Schar von Männern in den wirtschaftlichen Wettbewerbskampf auf die freien Märkte führt, sie ist schon lange keine Seltenheit mehr.

Die Frau von heute ist – wenn sie selbst es will – sexy, erfolgreich und dem Mann auf subtilem Wege auch überlegen. Unterm Strich: Die selbstbestimmte Frau von heute ist ein großer Kollateralerfolg des 68er-Kulturkampfes. Ein Kampf, der bereits im 19. Jahrhundert mit der Selbstorganisation der Frau in Frauenclubs sichtbare Vorläufer hatte. Einen Einblick aus Mannesaugen in die Frauenbewegung um die vorletzte Jahrhundertwende gibt ein literarisches Kleinod.

Stefan von Kotzes „Altjungfernkoller – Randbemerkungen zur Feministik“ aus dem Jahr 1904 ist wiederentdeckt und von der Stefan-von-Kotze-Gesellschaft neu aufgelegt worden. Der Enkel des eisernen Reichskanzlers Otto von Bismarck hat sich in der Zeit um 1900 mit der Feminismus-Bewegung auseinandergesetzt. Seine süffisante Schrift zeigt, daß auf beiden Seiten der Kampf der Geschlechter einst geradezu absurde Auswüchse hatte und heute herzhafte Lachkanonaden entlocken darf. Stefan von Kotze war Journalist, vor allem aber ein Kolonialvagabund und Humorist. Man sollte ihn aber nicht allzu literarisch werten, damit käme man ihm nicht näher, meint der Vorsitzender Stefan-von-Kotze-Gesellschaft, Ralf Küttelwesch. „Am lustigsten bleibt er, wenn er so schnoddrig-koddrig hinschreibt, wie ihm sein Schnabel gewachsen ist.“

Von Kotze wirft sich für die moderne Frauenbewegung ins Zeug, um ihr gleichwohl zu bescheinigen, über das Ziel hinauszuschießen. Eine Gleichartigkeit der Geschlechter sei ungeachtet ihrer Gleichwertigkeit nun einmal nicht gegeben. „Hammer und Meißel sind dem Zimmermann gleichwertig, aber der Hammer schlägt, der Meißel wird geschlagen, und umgekehrt geht’s leider nicht.“ Er, Stefan von Kotze, sei der Frau gleichwertig, dennoch wolle „man ihn nicht als Wärter im Damenbad anstellen und auch als Amme habe er keine Anstellung gefunden“. Zudem seien das Trinken, Fluchen und Randalieren bisher Spezialgebiete des Mannes gewesen. Die Frau würde sich in der vollen Freiheit, die sie erstrebe, einen ganzen Batzen solcher Untugenden aneignen, warnt Kotze. Eine Verlotterung der Gesellschaft wäre die Folge.

Noch erheiternder mutet es an, wenn von Kotze voller Inbrunst argumentiert, das Weib sei nicht initiativ oder gar schöpferisch veranlagt, sondern die Exekutive des Mannes in ihrer höchsten Leistung: der Mutterschaft. Ausnahmen von dieser Regel seien lediglich Hermaphroditen. Andererseits ficht von Kotze vehement für die in der Wirtschaft bis heute noch nicht umfassend umgesetzte Lohngleichstellung. Die Politik des Gender Mainstreaming wäre von Kotze wohl ein Graus, sorgt er sich doch, daß „beide Geschlechter hybridisieren“. Auch wenn die Geschlechter heute immer noch nicht hybridisiert sind, verspürt die moderne Karrierefrau in einer gegenwärtig entmoralisierten und hedonistischen Gesellschaft nur noch wenig Drang, ihre Freiheit der Familie zu „opfern“. So wird das Kind zum Makel. Nicht zuletzt deshalb beschäftigen sich ganze Branchen heute mit den Folgen des demographischen Wandels.

Stefan von Kotze: Altjungfernkoller. Randbemerkungen zur Feministik. Factum Coloniae, Mittenwalde 2010, broschiert, 62 Seiten, 9,90 Euro

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