© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/11 / 16. Dezember 2011

Grüße aus Rom
La festa è fi nita
Paola Bernardi

Hinter der glitzernden Kulisse der römischen Vorweihnachtszeit vollzieht sich derzeit ein dramatisches Sterben der traditionellen Handwerksläden.

Im Palazzo Chigi, dem italienischen Regierungssitz, brüten nun Tag für Tag Wirtschaftsexperten unter dem neuen Ministerpräsidenten Mario Monti neue Sparpläne für Italien aus, nachdem das Land von den Ratingagenturen und Brüssel unter Kuratel gestellt wurde. Als die neue Sozialministerin Elsa Fornero ihre Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede vortrug, war sie selber so von Selbstmitleid überwältigt, daß auch sie in Tränen ausbrach. Derweil sitzen mit zusammengebissenen Zähnen und versteinerten Mienen die gewählten Volksvertreter aller Parteien im italienischen Parlament – allen voran Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi. „La festa è finita“, das haben nun alle verstanden.

Wer am frühen Morgen durch die Straßen von Rom in der historischen Stadtmitte geht, sieht die roten und gelben Aufkleber auf den runtergelassenen Rolläden: „Zu verkaufen“ oder „Zu vermieten“, liest man da. Viele dieser kleinen Handwerksläden und Werkstätten müssen nun endgültig aufgeben, die Steuern haben ihnen das Genick gebrochen.

Rom war nie eine Weltstadt wie Paris oder London. Rom ist in all seiner Pracht und Schönheit immer im täglichen Umgang wie ein großes „Dorf“ geblieben. Da gibt es den alten, schwerhörigen Schuster, der in seinem winzigen Laden die schönsten Sandalen auf Leisten machte. Da steht die alte Bürstenbinderin, die Rasierpinsel, Haarbürsten und Staubwedel mit Gänsefedern verkaufte, in ihrem dunklen Laden. Die Vergolder, die Möbelrestauratoren, die Bilder-Rahmenmacher, die Posamentensticker, alte Handwerksberufe, die in Europa fast ausgestorben sind, ihnen wird durch die neuen Steuergesetze endgültig der Garaus gemacht.

An ihrer Stelle entstehen „Ein-Euro-Läden“ oder Ladenketten mit Fußball-Trikots. Wie in der Via Vittoria, in dem alten Palazzo mit seinem breiten Entrée, wo einst die Kaleschen des Adels fuhren, stapeln sich jetzt die Einkaufskisten, in dem Untergeschoß hat sich ein Supermarkt etabliert.

Mehr als 5.000 Läden mußten bisher schließen. „Rom verliert seine Seele“, klagen die alten Römer. Was nützt es da, wenn der römische Bürgermeister Gianni Alemanno jetzt ein striktes Bauverbot für neue Supermärkte und Einkaufszentren verfügt hat.

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