© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Im Sinne Martin Luthers
Nachruf: Zum Tod von Ulrich Woronowicz
Manfred Graf Von Schwerin

Unbeugsamkeit in Zeiten schwerer Auseinandersetzung war sein Markenzeichen, besonders im Dauerkonflikt mit der SED-Diktatur, geradlinige Verläßlichkeit, geistige und theologische Klarheit sein moralisches Credo. Am 7.Dezember ist Superintendent i.R. Ulrich Woronowicz in Berlin 83jährig verstorben.

Er war kraftvoller, gedankenreicher Seelsorger, Religionsphilosoph und Kirchenhistoriker, zugleich ein tiefschürfender Autor mit profunder Bildung und selbst Gestalter im Umfeld seines jeweiligen kirchlichen Bereichs. Allein 27 Stasi-Mitarbeiter observierten ihn, insbesondere nachdem ein Kirchenkonvent 1972 unter seiner Leitung deutliche Worte zur „sozialistischen Heilslehre“ formuliert hatte. Woronowicz ging als Pfarrer nach Wittenberge, 1983 wurde er zum Superintendenten nach Bad Wilsnack berufen.

In seinem „Tagebuch 1958 bis 1960 – Als Dorfpfarrer in Brandenburg“ hat er höchst anschaulich die Liquidation des Bauernstandes in der DDR beschrieben, die Zwangskollektivierung in allen ihren erschreckenden Erscheinungsformen. Als Standardwerk zur Thematik „Freiheit und Sozialismus“ darf indessen sein Buch „Sozialismus als Heilslehre“ gelten. Es ist „ein einzigartiger Beleg für den Reichtum des kritischen Denkens und der qualitativen Kommunismusktritik“, urteilte der Theologe und DDR-Regimekritiker Ehrhart Neubert.

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