© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Baseler Zeitung schon wieder verkauft
Schweiz: Linke machen weiter gegen Christoph Blocher mobil / „Berlusconisierung“ befürchtet
Frank Liebermann

Die Nachricht platzte wie eine Bombe: Die Baseler Zeitung (BaZ) solle nun doch in den Besitz von Rahel Blocher, der Tochter des SVP-Politikers Christoph Blocher, übergehen. Die Milliardärstochter wollte die Aktien von Moritz Suter kaufen, dem Gründer der Fluggesellschaft Crossairs, der selbst erst vor einem Jahr bei der BaZ eingestiegen war.

Schon damals wurde gemutmaßt, daß Blocher hinter Suter stehe, dieser nur ein Strohmann sei. Was wäre so falsch daran? Die einen kritisieren, daß ein Politiker überhaupt in das Mediengeschäft einsteigt, andere sehen eher die Geheimniskrämerei als Übel. Die Nachricht vom neuerlichen Blocher-Engagement führte dazu, daß sofort wieder zu Kundgebungen aufgerufen wurde. Basels Linke kämpft seit 2010 verbissen mit Abokündigungswellen und Demos gegen einen wirtschaftlichen Einfluß von SVP-Chef Blocher auf das regionale Monopolblatt.

Am vergangenen Samstag demonstrierte der Verein „Rettet Basel“, der von den Grünen und Sozialdemokraten unterstützt wird. Der Verband vertritt die Auffassung, eine Zeitung solle einem Verlag, nicht einem Politiker gehören. Die linke Gruppierung befürchtet, Blocher verfolge eine nationale Medienstrategie. Von Berlusconisierung ist die Rede. Die Linke nutzt den Besitzerwechsel vor allem auch, um Stimmung gegen den Chefredakteur Markus Somm zu machen.

Seine zeitgeistkritischen Gedanken finden vor allem auf der linken Seite wenig Gegenliebe. So wundert es auch nicht, wenn der SP-Politiker Beat Jans die Ablösung von Somm fordert. Im Aufruf zur Demonstration wird dem Journalisten vorgeworfen, er bereite den Boden für „soziale Ausgrenzung“, „ökologische Verantwortungslosigkeit“ und die „Beschneidung von Grundrechten“.

Somm hingegen wandte sich mit der Frage „Wohin steuert die Baseler Zeitung?“ am Wochenende an seine Leser und versicherte, sie bleibe unabhängig: „Dieses Blatt ist kein Parteiblatt und wird es nie werden.“ Er werde keine publizistischen Weisungen entgegennehmen. Die Baseler sollten den Investoren wie Blocher lieber dankbar dafür sein, daß sie das Überleben der BaZ gewährleisten würden.

Kaum hatte sich der Streit gelegt, da kam schon die nächste Meldung: Jetzt übernimmt der Tessiner Millionär Tito Tettamanti das Ruder. Er hat alle Aktien von Rahel Blocher gekauft. Beteiligt ist die Familie Blocher nur noch in Form einer Bürgschaft. Die anhaltende Kritik an seinem Zeitungsengagement und die Wahlniederlagen der SVP scheinen bei Christoph Blocher so langsam Wirkung zu zeigen. Er unterstellt seinen Kritikern einen Verfolgungswahn. In einem Fernsehinterview äußerte er sich: „Es kommt mir vor wie damals, als man sagte: ‘Kauft nicht bei Juden!’“. Damit dürfte das Theater in die nächste Runde gehen.

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