© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/12 06. Januar 2012

Preußisches Kaleidoskop: Australier wittert Paradigmenwechsel
Ende der Ideologieproduktionen
(ob)

Seit der Wiedervereinigung hat sich fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit eine neue deutsche Preußenforschung etabliert. Dies meint wenigstens der daran nicht ganz unbeteiligte Australier Christopher M. Clark in seinem Festvortrag „Preußenbilder im Wandel“, mit dem er sich für den Preis des Münchener Historischen Kollegs bedankt, der ihm von Bundespräsident Christian Wulff Ende 2011 überreicht wurde (Historische Zeitschrift, 2-2011). Die altbundesrepublikanische Preußenhistoriographie, die mit Beleuchtungen des „junkerlichen“ Ostelbiens als „Wiege eines besonders virulenten Militarismus“ Versatzstücke für die inzwischen ebenfalls obsolete „Sonderweg“-These lieferte, sei gehörig in Frage gestellt worden. Statt Ideologieproduktion habe die „neue Geschichtsschreibung“ den Wandel der Machtverhältnisse, der Spezifik von Ort und Region, die identitätsstiftende Kraft von Religion und Geschlecht, das Zusammenspiel von Politik und Kultur erforscht. Bei der Erkundung der Besonderheiten Preußens und ihrer Bedeutung für Deutschlands Weg in die Moderne meint Clark sogar, verstärkt Anzeichen für eine ungezwungene, aufkeimende Neugier wahrnehmen zu können, die dem Rätsel gilt: Woraus speiste sich die Bindekraft preußischer „Identität“, und warum blieb nach der Auflösung Preußens so wenig davon übrig?  www.oldenbourg-verlag.de

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