© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/12 13. Januar 2012

Der Flaneur
In der Sauna
Ellen Kositza

Eine Viertelstunde dem leisen Gespräch des Frauentrios in der Biosauna gelauscht. Sylvia und Robert machen ja jetzt eine Paartherapie. Harte Arbeit, Emotionen werden frei, aber unterm Strich fühlt es sich gut an. Verständiges Nicken unter farblich wechselnder Illumination, aus einem Brünnlein perlt duftendes Wasser auf die heißen Steine. Anschließend in die Finnsauna, hier ist es heißer. Einer pult ausgiebig an seinen Fußnägeln.

Halbstündlich wird in einer der fünf Saunen vom Personal aufgegossen, gleich ist ein synthetisches Strawberry-Cherry-Gemisch dran, schnell raus. Der letzte Aufguß des Abends findet stets in der 90-Grad-Sauna statt, er hieß traditionellerweise „Tropenregen“. Dazu trat sonst der Dieter in die urige Kabine, stellte einen CD-Spieler auf und legte eine Santana-Ballade ein. „Leute, das wird jetzt hart“, pflegte er zu sagen, „wenn’s euch schummrig wird oder irgendwie zuviel, verlaßt die Sauna, das ist okay, weil ihr seid okay, euer Wohlbefinden geht vor, keiner muß hier den Harten markieren.“

Nun ist der Dieter aber krank. Der Roland hat seinen Part übernommen und gibt der Sache ein anderes Profil. Tropenregen heißt heute Götterdämmerung – mit entsprechender Beschallung. „Auf des Düftche verzichten mer“, verkündet der bärtige Hesse, „und isch bitte drum, daß Leut mit schwächere Nerwe sich entwedder runnersetze odder in aane annere Sauna gehe, jetzt.“ Drei nehmen ihre Handtücher, Roland und Wagner legen los, zweiter Aufzug: „Schläfst Du, Hagen, mein Sohn?“

Der Ofen gurgelt. Roland, fettgepolsterter Muskelkörper, schwingt langsam sein Tuch. Die Gäste ächzen. Weiteres Wasser auf die heißen Steine. Roland wird zum Derwisch, die oberste Saunabank entvölkert sich, weiter unten rückt man zusammen. Einer steht auf und gibt das erhoffte Signal für zwei weitere Männer. Sie hasten zur Tür. Ohne Schmähung werden sie nicht entlassen: „Memmen, sach isch nur, Memmen!“ von „Hart aber fair“ gingen rasch und kommentarlos darüber hinweg.