© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/12 20. Januar 2012

Europa stört Estlands Gedenkpolitik
Revals gutes Recht
Thorsten Hinz

Estland plant ein Gesetz, mit dem alle geehrt werden sollen, die für die Wiederherstellung seiner Unabhängigkeit gekämpft haben. Estland war 1940 von der Sowjetunion besetzt worden, Tausende Esten, namentlich die Elite des Landes, wurden in den Gulag deportiert. Zu den Geehrten zählen auch die estnischen Angehörigen der Waffen-SS. Sie hatten sich einer kämpfenden Truppe angeschlossen, keiner KZ-Wachmannschaft.

Das Gesetz wird in Moskau wie in Brüssel mit Befremden registriert, weil es gegen das Geschichtsdogma verstößt, das sich aus der Anti-Hitler-Koalition von 1941 herleitet.

Noch immer sorgt jeder Versuch, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs anders als in Schwarzweißmustern zu verstehen, für Irritationen. Für die Balten bedeutete der deutsche Einmarsch 1941 die vorübergehende Befreiung vom stalinistischen Terror. Hier wurde konkret, was Ernst Nolte auf die Formel brachte: Im großen Unrecht, das der Nationalsozialismus und Hitler verkörpern, steckte auch ein kleines Recht: der Antibolschewismus.

Ein Geschichtsbild, das diesen Zusammenhang ignoriert, widerspricht den Erfahrungen, die mehrere europäische Völker gemacht haben. Es ihnen via Brüssel aufzuzwingen hieße, aus der Europäischen Union ein Völkergefängnis im Geiste zu machen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen