© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/12 20. Januar 2012

Das Dilemma der Republikaner
Wer sich in Amerika um ein wichtiges Amt bewirbt, darf die konservativen Medien nicht unterschätzen
Elliot Neaman

Eine Schlüsselszene im neuen George-Clooney-Film „Tage des Verrats“: Im US-Präsidentschaftswahlkampf kommt es bei den Demokraten zu einem Duell zwischen dem Gouverneur von Pennsylvania Mike Morris und dem Senator Ted Pullman aus Arkansas.

Morris, gespielt von Clooney, ist der Favorit. Pullmans Wahlkampfmanager sucht nach einem Joker, um in Ohio doch noch eine Mehrheit für seinen Chef zimmern zu können. Zu diesem Zweck sichert er seinem Kandidaten die Unterstützung der konservativen Talkshowkönige Rush Limbaugh und Sean Hannity. Wenig später rufen diese beliebten Moderatoren zur Wahl von Pullman auf – und dieser gewinnt dann tatsächlich die Vorwahl der Demokraten in Ohio.

Natürlich ist die Geschichte fiktiv. Weder Gouverneur Mills noch Senator Pullmann gibt es wirklich. Aber Hannity und Limbaugh sind echt. Letzterer hat 2008 tatsächlich eine Operation Chaos gestartet, wie sie im Film beschrieben wird.

Clooneys Drehbuchschreiber haben diese zwei konservativen Kommentatoren nicht grundlos in die Geschichte eingefügt. Auch der Sender Fox News und die Netzseite Drudge Report tauchen in dem Politthriller auf. Der Grund: Sie alle spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle in der amerikanischen Politik. Die amerikanische Medienlandschaft zeichnet sich durch eine für deutsche Verhältnisse enorme Vielfalt rechts von der Mitte aus.

Sie sind abgesehen von Fox News – gemessen an ihrer Reichweite – natürlich nicht so wie die Massenmedien, aber in einigen Momenten sind sie sehr einflußreich. Der konservative Blogger Matt Lewis (dailycaller.com) bringt es auf den Punkt: „Die konservativen Journalisten und Blogger sind niemals wichtiger als während der Vorwahlen bei den Republikanern.“ Kein Kandidat kann es sich erlauben, sie zu ignorieren.

Egal ob Print, Online oder Rundfunk: Alternativen zu den zeitgeistigen Massenmedien sind im Kommen. Zunächst die Printmedien: Zu den zwei führenden meinungsbildenden Magazinen National Review und Chronicles haben sich 1998 Newsmax und 2002 Patrick Buchanans The American Conservative hinzugesellt. Letzteres kämpft ums Überleben. Dafür ist Newsmax eine Erfolgsgeschichte. Das Hochglanzmagazin gilt als eine der wichtigsten konservativen Nachrichtenquellen. Newsmax’ Netzseite hat vier Millionen Besucher pro Monat.

Dazu kommen die prominenten Moderatoren, die bei Fox, im Radio oder neuerdings im Internet ihre eigenen Sendungen haben, darunter Rush Limbaugh, Bill O’Reilly, Sean Hannity und Glenn Beck. Sie bilden zusammen mit landesweit gedruckten Kolumnisten wie Patrick Buchanan und Ann Coulter wichtige Meinungsführer. Ergänzt wird dies noch durch eine riesige Blogosphäre mit unzähligen Netzseiten und Emailnachrichtendiensten.

Diese Vielfalt ist von Vorteil für die Republikaner, wenn es darum geht, Präsident Obama anzugreifen. Bei der eigenen Kandidatensuche hingegen ist es ein Dilemma. Viele Kandidaten plus viele Kommentatoren gleich zersplitterte Anhängerschaft. Das ist die Formel, die die zersplitterte Lage bei den Republikanern derzeit beschreibt. Zwar sind sich alle Konservativen in ihrer Ablehnung von Obama und Romney einig, aber sie konnten sich auch nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen.

Eine Szene, die diese Situation optimal beschreibt, ist Glenn Becks Kampf gegen Newt Gingrich, der vor kurzem noch als Favorit galt. Beck, der Doyen der populistischen, konservativen Medien, hat angekündigt, er werde eher den Kandidaten einer dritten Partei unterstützen als den ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses Gingrich. Den Anhängern der Tea Party warf er „Rassismus“ vor, wenn sie lieber Gingrich im Weißen Haus sehen würden als Obama. Vor laufender Kamera riß er aus einem Buch das Vorwort heraus. Es stammte von Gingrich, Beck schmunzelte in die Kameras: „Jetzt ist es ein gutes Buch.“ Auch Limbaugh ereiferte sich über Gingrichs moderate Standpunkte und über seine Arbeit als Pharma-Lobbyist.

National Review, eine Gründung des legendären konservativen Vordenkers William F. Buckley, und das gemäßigt-konservative Wall Street Journal schlossen sich der erbitterten Kritik an Gingrich an. National Review legte Wählern eindringlich nahe, Gingrich für seine „Impulsivität, seine Selbstherrlichkeit, sein Faible für unausgegorene (und nicht besonders konservative) Ideen“ abzustrafen. Wer so viele Gegner hat, braucht sich über miese Wahlergebnisse nicht zu wundern.

Das Problem mehrerer republikanischer Kandidaten ist, daß sie es versäumt haben, auf die konservativen Medien zuzugehen. Matt Lewis: „Komischerweise bauen die Kandidaten oftmals keine Brücken nach rechts, sondern setzen nur auf die ‘Mainstreammedien’. Das macht doch keinen Sinn.“ Ein Fehler, der neben den Kandidaten Gingrich und Perry nicht zuletzt auch John Huntsman, zu schaffen gemacht hat, der am Montag wegen mangelnder Resonanz aufgegeben mußte.

Foto: Wahlkampf: Gouverneur Mike Morris (George Clooney) bedankt sich in dieser FIlmszene aus „Tage des Verrats“ bei seinen Anhängern in Südcarolina

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