© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Mit Eurokritik in den Landtag
Schleswig-Holstein: Die Freien Wähler setzen bei der Wahl im nördlichsten Bundesland auf Hans-Olaf Henkel und die europäische Währungs- und Schuldenkrise
Hans-Joachim von Leesen

Die Freien Wähler in Schleswig-Holstein haben am vergangenen Wochenende in der Landeshauptstadt Kiel ihren Wahlkampf zur vorgezogenen Landtagswahl am 6. Mai 2012 eröffnet. Im Mittelpunkt stand dabei eine Grundsatzrede des ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel zur Euro- und Schuldenkrise.

Henkel wollte mit seiner programmatischen Rede einen Beitrag zum Programm der Freien Wähler liefern, der Partei, die bislang eher auf kommunaler und Landesebene aktiv ist. Jetzt aber soll der „schlafende Riese“, so der Chef der Bundesorganisation der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, über die immerhin 280.000 Mitglieder, geweckt werden, indem sich die Partei mit einem Programm bundesweit organisieren wird.

Als Zugpferd soll Henkel dienen. Seiner Auffassung nach führt die Schulden- und Rettungsschirm-Politik unweigerlich Europa und damit auch Deutschland ins Verderben. Er, der weder ein Amt noch ein Mandat anstrebt, will mit Hilfe der Freien Wähler die Öffentlichkeit aufklären, wohin die Politik das Land steuert, nämlich in eine massive Inflation. Das sei eine Folge des mehrfachen Bruchs des Maastrichter Abkommens, in dem Grenzen für die grenzenlose Schuldenmacherei festgelegt waren.

Aber korrigieren wird, so meinte Henkel, die Regierung den Kurs nicht, selbst wenn sich jetzt schon abzeichnet, wohin er führen wird, weil sie ihre Fehler nicht zugeben will. Es bleibt nur übrig, die Inflation laufen zu lassen oder durch massive Steuererhöhungen die Schulden aufzufangen. Die aber werden zu sozialen Spannungen, wenn nicht zum Bürgerkrieg führen, wie sich jetzt schon in Staaten wie Griechenland abzeichnet. Als Alternative präsentierte Henkel in Kiel erneut einen Nord-Euro mit Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Finnland, also Staaten mit einer einigermaßen soliden Finanzpolitik.

Aiwanger, der eloquente, von seiner Sache fest überzeugte Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, unterstrich die Hauptforderungen seiner Partei, die sich mit den Thesen Henkels trefflich vereinbaren lassen. Es geht ihr um die Stärkung der Kommunen wie der einzelnen Bürger, die nirgendwo in Europa so wenig Rechte haben wie in der Bundesrepublik Deutschland. Es sei einmalig, daß die Deutschen nicht einmal über ihre Verfassung und über ihr Staatsoberhaupt abstimmen dürfen.

Neben einer stärkeren Bürgerbeteiligung fordern die Freien Wähler einen Abbau der zunehmenden Zentralisierung, sei es die in der Energieversorgung, sei es die Lebensmittelversorgung, die von vier Konzernen dominiert werde. Gerade zu Zeiten der Globalisierung sei Regionalisierung und die Stärkung des Bezuges zur Heimat notwendig. Henkel wie Aiwanger lehnten die von der Bundesregierung angestrebte Fiskalunion ab, das heißt die Zusammenlegung der Finanzpolitik der Staaten der Eurozone, wodurch die sparsamen und verantwortungsbewußten Staaten ausgeblutet werden durch die Schuldenmacher.

Die Freien Wähler hatten bereits an der vergangenen Landtagswahl in Schleswig-Holstein teilgenommen und aus dem Stand 1,3 Prozent der Wählerstimmen gewonnen. So ist es nicht ausgeschlossen, daß die ideologiefreie Partei, die jetzt auch durch Stellungnahmen zu den übrigen Politikfeldern Profil gewinnt und für die sich prominente Fürsprecher engagieren, ihr Ergebnis deutlich verbessern kann, um ihren Einfluß künftig auch auf die schleswig-holsteinische Politik auszuüben.

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