© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Niedliche Kaninchen, eklige Spinnen
Psychologie: Politische Anschauungen Konservativer und Liberaler sollen biologisch bestimmt sein
Thorsten Thaler

Liberale betrachten am liebsten glückliche Kinder oder niedliche Kaninchen, Konservative hingegen bevorzugen offene Wunden oder eklige Spinnen. Das ist das Resultat eines „wissenschaftlichen Experiments“, das die Professoren John Hibbing und Michael Dodd von der Lincoln-Universität des US-Staates Nebraska durchgeführt haben.

Probanden, die sich als „liberal“ beziehungsweise „konservativ“ eingeschätzt hatten, wurden vor den Bildschirm gesetzt, und mit Hilfe von Elektroden, die ihnen an der Haut angebracht wurden, und sogenannten „Eyetrackern“, die ihre Augenbewegungen registrierten, wurden ihre „emotionalen Reaktionen“ erfaßt. Und dabei kam eben heraus: Konservative schauen eher unschöne Bilder, Liberale eher schöne.

Die Forscher betonen, „daß wir mit unseren Experimenten natürlich keine politischen Optionen bewerten wollten“, doch es sei nun einmal eine wissenschaftliche Tatsache, daß Konservative „ein größeres Angstzentrum im Hirn“ hätten als Liberale. Dodd: „Unsere Ergebnisse beweisen das.“

In Wirklichkeit wird damit freilich nur bewiesen, daß Dodd & Co. ein größeres Quatschzentrum im Hirn haben als andere Leute. Mit Hilfe von „Experimenten“, wie sie in Nebraska veranstaltet werden, Konservative gewissermaßen biologisch von Liberalen trennen zu wollen, markiert wohl einen bisher einmaligen Tiefstand von polit-psychologischer Wissenschaft. Danach kommt gleich der komplette Wahnsinn.

Normalerweise weiß schon jedes Kind, daß politische Meinungen eine Sache des sozialen Zufalls sind, von konkreten Lebensumständen, Alter, Milieu, gesellschaftlicher Position usw. abhängen. Aber was soll’s? Hauptsache, es gibt ordentlich öffentliche Aufmerksamkeit und vielleicht sogar einen Nobelpreis.

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