© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Punktsieg für den Sohn
Mit einer Wiener Johann-Strauss-Gala auf Tournee
Petra Knoll

Der Vater hatte wohl geahnt, daß sein Sohn ihn übertrumpfen könnte. Die Rede ist von Johann Strauss Vater und Sohn. War die Angst des Vaters berechtigt? Eine Johann-Strauss-Konzert-Gala kann vielleicht Auskunft geben über die Qualitäten der beiden Walzerkönige.

Im Oktober 1844 erhebt Johann Strauss Vater beim Kreisamt eines Wiener Vororts Einspruch gegen das Konzert seines Sohns. Er sei erst 18 Jahre alt, also noch minderjährig, und dürfe kein Unternehmen führen. Der zuständige Hofrichter prüft den Fall und kommt zum Ergebnis, daß das Kommissariat zu Recht das Konzert von Johann Strauss Sohn bewilligt hat. Er sei dazu befähigt, schreibt der Hofrichter, alle Bewilligungen lägen vor.

Fast 170 Jahre später fragt man sich: Und – wer ist besser? Vater oder Sohn? Im Konzert kommt die Strauss-Dynastie mit den K&K Philharmonikern aus Ebbs in Tirol groß zum Zug: Die drei Strauss-Söhne Josef, Eduard und Johann dominieren das Programm. Josef glänzt mit einer Jockey-Polka und einer Mazur, Johann mit vielen Walzern und Polkas, und alle drei Geschwister mit einer gemeinsamen Schützen-Quadrille.

Selbst der Schönfeld-Marsch von Carl Michael Zierer ist zu vernehmen. Nur kein Johann Strauss Vater.War die Konkurrenzangst also begründet? Dann doch endlich, in der letzten Zugabe kommt der Vater zum Zug. Mit viel Getöse, mit viel Pauken und Blech erschallt der Radetzkymarsch. Ein klarer Punktsieg: zehn zu eins Musikstücke für den Sohn. Wohl eine zu kleine Stichprobe für ein qualitatives Urteil.

Und sonst? Gesungen wurde nur zum Frühlingsstimmenwalzer und zum Schwipslied aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“. Die Sopranistin Claudia Camie schwang sich elegant auf das Stimmentrapez, verlor aber gelegentlich ihre Geschmeidigkeit in den hohen Tonlagen. Etwas Walzerseligkeit versprühte das zehnköpfige Ballett, das den Wiener Opernball gekonnt imitierte. Eben klassisches Ballett und kein Bewegungsensemble.

Männerstimmen waren nicht vorgesehen, der Liedtext von „Wein, Weib und Gesang“ würde wohl besser zum RTL-Dschungelcamp passen als in eine Konzerthalle: „Weiber knöpft auf die Blusen, aber schnell. Denn wir Mannen lieben Blusen ohne Ell. Bleibt das Hemd zu bis oben. Kriegt ihr keinen Mann zum Toben.“

Zu sehen sind die K&K-Philharmoniker in Berlin (27.01.), Basel (30.01.), Bern (31.01.), Dortmund (24.3.), Düsseldorf (29.03.), Frankfurt/Main (31.03.). www.dacapo.at

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