© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Umwelt
Perverse Forschung
Volker Kempf

Die größten Verlierer der Industrialisierung, das sind die Wale. Schon vor 99 Jahren prognostizierte der Philosoph Ludwig Klages in seinem Grußwort an den Ersten Freideutschen Jugendtag („Mensch und Erde“) deren Ausrottung durch Aktiengesellschaften. Jugendbewegte Walschützer versuchen seit Jahrzehnten, die Pläne der Walfänger zu durchkreuzen. Greenpeace, Sea Shepherd und der WWF geben dafür jährlich etwa 25 Millionen Dollar aus. Letztes Jahr sank bei einem der riskanten Einsätze das Sea Shepherd-Schnellboot „Ady Gil“. Das brachte Schlagzeilen. Aber Tatsache ist, daß sich die Zahl der jährlich erlegten Wale seit den neunziger Jahren von 1.000 auf 2.000 verdoppelt hat. Die größte Walfangnation ist Japan. Dabei wird ein Großteil der Wale im Namen der Forschung erlegt. Jeder weiß, daß das nur vorgeschoben ist, um das internationale Walfangverbot zu umgehen.

Wissenschaftler müßten vor diesem Hintergrund auf die Idee kommen, diesen Mißbrauch der Wissenschaft scharf zu kritisieren. Wissenschaftler sind aber selten politisch besonders couragiert, selbst wenn es um die Verteidigung der Ansprüche ihrer eigenen Zunft geht. Also liegt eine pragmatische Lösung näher. Ein Vorschlag aus Kreisen der Wissenschaftler lautet, die Wale freizukaufen, nicht durch die Wissenschaftsgemeinde, sondern durch die genannten jugendbewegten Walschutzorganisationen. Diese könnten sich ihre gefährlichen Walfanginterventionen sparen und damit mehr Wale retten. Ein Wal kostet je nach Größe und Art 13.000 bis 85.000 Dollar. Dazu müßten nur Jagdlizenzen eingeführt werden. Ob das überhaupt funktioniert, ist keineswegs gewiß. Die Kontrollen dürften auf hoher See lückenhaft sein, aber Wissenschaftler aus dem Bereich der Biologie ließen sich reichlich einsetzen. Eine sicher sinnvollere Arbeit, als das Aussterben der Wale nur zu dokumentieren oder gar daran selbst mitzuwirken.

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