© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/12 03. Februar 2012

Haltungsnote
Mündige Bürger
Ronald Gläser

Sigmar Gabriel auf der jüngsten SPD-Klausurtagung: „Ich bin der Meinung, daß die Zeiten vorbei sind, wo wir Wahlkampf gegen die anderen (Parteien/Politiker) gemacht haben. Unsere gemeinsamen Gegner sind die Finanzmärkte.“ Zu deutsch: Es gibt eigentlich gar keine Unterschiede mehr zwischen den Parteien, zwischen Regierung und der Opposition. Es war alles nur Show.

In dieses Bild paßt die Bürgermeisterwahl im mecklenburgischen Schwaan. In der 5.000-Einwohner-Stadt südlich von Rostock hat sich – ganz „pragmatisch“ – eine neuartige Parteienkoalition aus CDU und Linkspartei gebildet. Beide Parteien unterstützten die Kandidatur der örtlichen Chefin der Volks- und Raiffeisenbank. Es gab sogar gemeinsame Plakate von CDU und Linkspartei. Getragen von dieser Koalition hätte die Frau als Kandidatin des Establishments eigentlich mit siebzig bis achtzig Prozent Zustimmung rechnen können.

Doch die Wähler haben dem Parteiensyndikat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie wählten den bisherigen stellvertretenden Bürgermeister Mathias Schauer (ehemals CDU) zum neuen Bürgermeister, der als Unabhängiger angetreten ist.

Die Kandidatin der neuen Nationalen Front kam nur auf 16 Prozent. Die Schwaaner waren von dem eigentümlichen schwarz-dunkelroten Bündnis nicht angetan. Zitat einer Bürgerin aus Schwaan: „Mich stört es, daß sie für zwei Parteien antritt und sich überall so aufdrängelt.“ Ein anderer schimpfte: „Erst hat die CDU immer geschrien ‘Rote Socken’ und jetzt geht sie mit denen zusammen. Das ist nicht das Richtige.“ In der Politik ergibt eben eins und eins nicht gleich zwei.

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