© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

CDU und Linkspartei Seit’ an Seit’
Mecklenburg-Vorpommern: Im Städtchen Schwaan schmieden beide Parteien ein bizarres Bündnis für die Bürgermeisterwahl und scheitern grandios
Hinrich Rohbohm

Es ist so gar nicht nach dem Plan der Parteipolitiker gelaufen. Im mecklenburgischen 5.000-Einwohner-Städtchen Schwaan hatten sich CDU und Linkspartei auf eine gemeinsame Kandidatin zur Bürgermeister-Wahl geeinigt. Auf Wahlplakaten warben Union und SED-Nachfolgepartei zusammen um Stimmen für die 46 Jahre alte Filialleiterin eines örtlichen Kreditinstituts Wiebke Eckart (JF 7/12).

Die Chancen standen gut. Die CDU ist in Schwaan stärkste Kraft in der Gemeindevertretung, die Linkspartei stellt die zweitstärkste Fraktion. Doch die Schwaaner Bürger durchkreuzten die Absichten des seltsamen Bündnisses und wählten Ende Januar den ehemaligen stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Mathias Schauer zum Bürgermeister.

Daß die CDU in Mitteldeutschland auf kommunaler Ebene mit der Linkspartei auch schon mal Bündnisse schmiedet, ist nichts Neues. Einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten, inklusive eines Wahlplakats mit beiden Parteilogos, hat es bisher in Deutschland noch nicht gegeben. Der Fall dürfte Wasser auf die Mühlen derjenigen Kräfte innerhalb von CDU und Linkspartei sein, die sich mittelfristig auch Koalitionen auf Landesebene vorstellen können.

„Uns ging es nur um das Beste für den Ort“, versichert der Schwaaner CDU-Vorsitzende Gerd Dümmel. Man habe einen Kandidaten mit Finanzkompetenz gesucht und sei mit der Bankfilialleiterin fündig geworden. Die CDU war bei einem Empfang im Rathaus auf Eckart aufmerksam geworden. Sie war länger geblieben. Nur noch zehn Gäste seien dagewesen, darunter fünf CDU-Vorstandsmitglieder. Eckart ging auf die Union zu, erkundigte sich, ob die bereits einen Kandidaten habe. Die CDU verneinte. Sie könne es ja machen, soll CDU-Chef Dümmel darauf entgegnet haben.

Pikant: Mit CDU-Vize Mathias Schauer verfügte die Union über einen Mann in den eigenen Reihen, der bereits Interesse an einer Kandidatur bekundet hatte. Der 46 Jahre alte Unternehmer sollte von seiner Partei ein weiteres Mal brüskiert werden. „Als auf einer CDU-Vorstandssitzung die Nominierung des Bürgermeisterkandidaten auf der Tagesordnung stand, wurde ich nicht eingeladen“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. In seiner Abwesenheit hatte der Vorstand beschlossen, daß die Mitgliederversammlung zwischen Schauer und Eckart entscheiden solle.

Im Hotel-Restaurant „Deutsches Haus“ gegenüber dem Rathaus, wo die Vorstandssitzung stattgefunden hatte, erinnert man sich. „Die wollten Schauer als Kandidaten verhindern“, heißt es dort. „Schauer kennt jeder im Ort, er ist hier aufgewachsen, schon seine Eltern und Großeltern lebten hier. Warum die CDU jemandem außerhalb ihrer Partei und dann noch aus einem anderen Ort nominierte, hat keiner verstanden“, erzählt ein älteres Ehepaar. „Auf Bundesebene wollen sie die Linkspartei beobachten und hier machen sie mit denen gemeinsame Sache“, entrüstet sich ein Bahnarbeiter. Schauer nahm sich vier Wochen Bedenkzeit. Dann trat er wenige Tage vor der Mitgliederversammlung aus der CDU aus. „Unter diesen Bedingungen zu kandidieren, da fehlte mir das Herzblut“, meint Schauer, der schließlich als Einzelbewerber zur Bürgermeisterwahl antrat.

Unterdessen warb die von der CDU nominierte Wiebke Eckart um Unterstützung bei der Linkspartei. Und bekam sie. Die gelernte Grundschullehrerin und ehemalige Gewerkschaftsvorsitzende an der Polytechnischen Oberschule in Rostock-Dierkow ist als Ratsfrau in der nahe gelegenen Gemeinde Steinfeld aktiv, gehört dort der Wählergemeinschaft „Frischer Wind“ an. Kritiker sprechen davon, daß sich hinter der Gruppierung die Linkspartei verberge. So gehörte Wiebke Eckarts Fraktionskollege Udo Cimutta einst dem Kreisvorstand der Rostocker PDS an.

„Davon haben wir nichts gewußt“, sagt CDU-Chef Dümmel. Schauer spricht allerdings von „Gerüchten über die Wählergemeinschaft“, die ihm zu Ohren gekommen seien, die er aber nicht kommentieren wolle, weil er „nichts Genaues“ wisse. Schwaans Bürger ließen sich von der ungewohnten Eintracht aus CDU und Linkspartei jedenfalls nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Ende Januar wählten sie den nun pateilosen Kandidaten Mathias Schauer mit 55 Prozent der Stimmen zum neuen Bürgermeister. Für Eckart stimmten nur 16,2 Prozent der Wähler in Schwaan.

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