© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

Die Hoffnung stirbt zuletzt
Griechenland: Gerade die zwei Deutschen in der Troika sorgen für einigen Unmut, Premier Papadimos sieht sie eher als Alibi
Panayotis Doumas

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Angesichts der neuesten Sparvorgaben aus Brüssel, der Forderung von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy, ein spezielles Sperrkonto für die Staatseinnahmen zu schaffen und der Ankündigung der griechischen Regierung, in den kommenden Jahren 150.000 Staatsbeamte zu entlassen, bleibt vielen Griechen auch nicht viel mehr als die Hoffnung. Daß die Gewerkschaften mit Blick auf die neuen Einschnitte im Sozialsystem erneut zu Massendemonstrationen und einem Generalstreik aufrufen, wird die griechische Bevölkerung kaum noch beunruhigen.

Die Stimmung ist seit Monaten schlecht: Steuern und Armut steigen, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 47,2 Prozent. Eigenheimbesitzer zittern vor den neuesten Besteuerungsplänen der Übergangsregierung in Athen. Besonders Ministerpräsident Loukas Papadimos steht unter Druck. Der parteilose ehemalige Vizepräsident der Europäischen Zentralbank führt zum ersten Mal seit 22 Jahren eine Koalitionsregierung aus der sozialdemokratischen Pasok, der konservativen Nea Dimokratia und der rechten Laos-Partei. Allerdings verfügen die Sozialdemokraten allein schon über eine absolute Mehrheit im Parlament.

Besonders die Anwesenheit der sogenannten Troika-Beamten, die für EU, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationalen Währungsfonds (IWF) die Fortschritte des Landes bei der Bewältigung der Finanzkrise überwachen sollen, sorgt für Ärger. Diese benehmen sich in den Ministerien wie römische Präfekten und haben sich so wenig Freunde gemacht. Obwohl es dem Durchschnittsgriechen eigentlich egal ist, welcher Nationalität diese Beamten sind, hilft es besonders radikalen Gruppen, die von der Wut der Griechen profitieren wollen, daß sich unter diesen drei Hauptinspektoren zwei Deutsche befinden. Matthias Mors leitet die EU-Delegation, Klaus Masuch ist für die EZB vor Ort, und der Däne Poul Thomsen vertritt den IWF. Die drei sind erfahreneTechnokraten. Mors arbeitet bereits seit 1984 für die EU-Kommission. Masuch hat jahrelang bei Bundesbank, EZB und dem Europäischen Währungsinstitut gearbeitet.

Ihnen zur Seite steht ein Heer aus Finanzexperten, Bürokraten und Politikern. Nicht wenige sehen in ihnen eine Art Besatzungsmacht, die nun das vollbringe, was der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges nicht gelungen ist. Entsprechend werden bei Demonstrationen auch nicht zufällig deutsche Fahnen verbrannt und Anti-Merkel-Plakate hochgehalten.

Papadimos kommt die Troika allerdings gerade recht. Sie funktioniert für den Ministerpräsidenten als eine Art Alibi. Kommt er in die prekäre Situation, unpopuläre Maßnahmen beschließen zu lassen, schiebt er geschickt den internationalen Kreditgebern den Schwarzen Peter zu. Dabei ist es doch die vorrangige Aufgabe der Übergangsregierung, die Vereinbarungen Griechenlands mit seinen Gläubigern, abseits von ideologischen und politischen Hindernissen, mit allen Mitteln durchzusetzen.

Profitieren können von der derzeitigen Situation vor allem linke und linksextreme Parteien. Trotzkisten, Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Linksradikale kommen nach neuesten Umfragen auf annähernd 50 Prozent der Stimmen. Nea Demokratia und Laos können sich im Vergleich zur vergangenen Wahl in etwa halten und kommen zusammen auf 36 Prozent.

Die Gefahr einer Linksregierung ist dennoch gering. Einzig die Kommunistische Partei (KKE) besitzt die nötige Professionalität, um ein gemeinsames Bündnis zu schmieden. Die in den Umfragen stärkste linke Partei, Dimokratiki Aristera, liebäugelt aufgrund der gemeinsamen Zielsetzungen in der Euro-Politik eher mit einem Bündnis mit Konservativen und Sozialdemokraten. Zumal sich eine Vielzahl ehemaliger Pasok-Wähler unter ihren Anhängern befinden.

Längerfristige Gewalttätige Ausschreitungen, wie sie das Land in den vergangenen Jahren immer wieder erschüttert haben, sind vorerst jedenfalls nicht zu befürchten. Stand die linksradikale Syriza-Partei in den Umfragen im Jahr 2008 noch bei 19 Prozent, schrumpfte dieser Anteil mit dem durch ihre Anhänger verbreiteten Terror in den Großstädten auf aktuell etwa drei Prozent.

Trotz der zum Teil bürgerkriegsähnlichen Zustände in den vergangenen Jahren geht es in den Diskussionen nicht um die Grundsatzfrage, ob das Land zur Drachme zurückkehren soll. Zwar werden diese Forderungen immer wieder erhoben, den meisten Griechen ist allerdings klar, daß dies für sie katastrophale Auswirkungen hätte.

Solange jedoch nicht alle Teile der Bevölkerung von den Einsparungen betroffen sind, wird der Anteil der Frustrierten und Verarmten weiter steigen. Und die haben selbst mit einem ungeordneten Staats- und Bankenbankrott kein großes Problem mehr.

Foto. Gestreßt von den Troika-Besuchen: Giorgos Papandreou (Pasok), Georgios Karatzaferis (Laos) und Premier Loukas Papadimos (v.l.n.r.)

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