© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

Am PC ernten
Der Landwirtschafts-Simulator 2011 begeistert die Pixel-Bauern: Trecker fahren in der Wohnstube
Henning Hoffgaard

Es ist Anfang Februar. Endlich kann der Weizen geerntet werden. Fünf Stunden sind seit der Aussaat schon vergangen. Eine lange Zeit. Das Wetter ist gut: 25 Grad und Sonnenschein. In den nächsten Tagen soll es vielleicht regnen. Langsam bewegt sich der Deutz-Fahr-5465-H-Mähdrescher samt passendem Schneidwerk durch das Feld, kommt vom Weg ab und rutscht in einen Graben. Zum Glück hat der dusselige Bauer kurz vorher gespeichert. Drei Mausklicks und der Mähdrescher steht wieder in Position.

Bäuerliches Leben ist also gar nicht so schwer. Zumindest beim „Landwirtschafts-Simulator 2011“. Das Computerspiel steht trotz eher durchschnittlicher Grafik seit Monaten in großer Stückzahl in den Verkaufsregalen von Media Markt, Saturn und Konsorten. Mehr als 500.000mal ging es bisher über den Ladentisch. Und das trotz zunehmender Konkurrenz auf dem hart umkämpften Simulatorenmarkt.

Neben den obligatorischen Bus-, Bahn- und Angelsimulatoren gibt es dort auch Spiele, die sich dem Holzfällen, dem Management von Skigebieten oder dem Bau, der Reinigung sowie der Sprengung von Häusern widmen. Doch der unangefochtene König ist und bleibt der Landwirtschaftssimulator. Das Spielprinzip ist einfach: Pflügen, Säen, Düngen, Ernten. Wieder und immer wieder.

Mit der Zeit kann der Spieler seinen Fuhrpark ausbauen, Kühe kaufen, sich politisch korrekt eine Solaranlage auf das Haus setzen oder sein Grundstück mit Windrädern zustellen. Die Kühe ermöglichen auch eine autarke Gülleproduktion, und mit genügend Kleingeld ist dann auch der Bau eines Gewächshauses möglich. Haupttätigkeiten bleiben jedoch Pflügen, Säen, Düngen und Ernten. Wer solche Spiele kauft, ist nicht ganz klar. Kaum jemand will sich in Zeiten von monumentalen Actionkrachern dazu bekennen, statt feindliche Soldaten und Monster lieber Mais zu häckseln.

Egal, ob sich Gräserpollenallergiegeplagte mit dem Spiel nun lang gehegte Träume verwirklichen oder Tausende von Landwirten auch im Winter hinter dem Steuer ihrer Lizard-500-Selbstfahrspritze sitzen wollen, das Spiel ist Kult. Auf einschlägigen Webseiten tauschen sich Spieler aus, basteln andere Landschaften, diskutieren über Traktoren und programmieren neue Fahrzeuge.

Die Grundversion des Spiels enthält nämlich fast ausschließlich Landmaschinen von Deutz-Fahr. Das mittelständische Unternehmen hat nach eigenen Angaben allein in Deutschland mehr als 300.000 Landmaschinen verkauft. Die Spieler wollen mehr. Das von Giants Software entwickelte und von Astra­gon vertriebene Spiel macht es ihnen denkbar einfach, selbst neue Maschinen, Güllewagen oder Pflüge zu erstellen.

Diesen Drang nach Abwechslung hat sich der Hersteller zunutze gemacht und wirbt ganz offen, mit dem „einfachen Mod-System“. So fahren neben Deutz mittlerweile auch Geräte von Krone, Horsch, Pöttinger, Amazone, Lemken und natürlich John Deere über die animierten Äcker. Hunderte Megabyte an neuen Maschinen haben die Spieler bisher hinzugefügt. Kein Ende in Sicht.

Da sich das Spiel für den Computer so gut verkauft, hat Astragon bereits den Spielkonsolenmarkt ins Visier genommen. Landwirtschafts-Simulator 2012 3D für den Nintendo 3DS ist bereits für März angekündigt. Ob nun Computer oder Spielkonsole, am Ende läuft es dann doch auf vier Dinge hinaus: Pflügen, Säen, Düngen und Ernten.

www.farming-simulator.com

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