© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/12 17. Februar 2012

Zeitschriftenkritik: Damals
Abstieg in die Barbarei
Werner Olles

Es gehört zur Tragik der politischen Korrektheit, sich in Guido-Knopp-Manier am morschesten Ast der deutschen Geschichte, dem Nationalsozialismus, abzuarbeiten. Eine vorurteilsfreie und unbefangene Auseinandersetzung scheitert bis heute an wissenschaftlicher Biederkeit und selbstgebastelten Tabus. Das ist nicht zuletzt eine Folge der Tatsache, daß dieses Thema belastet ist mit Kriegsverbrechen, Rassenwahn, KZ-Greueln und dem millionenfachen Judenmord. So sind es bislang auch vor allem ausländische und hier besonders russische und britische Historiker, die bisher vermißte Diskussionen führen, während die ideologischen Hintergründe des nationalsozialistischen Phänomens mit all seinen unterschiedlichen Facetten hierzulande, vor lauter Angst sich irgendwie damit zu infizieren, immer noch weitgehend ausgeblendet werden. Dabei sollte uns doch gerade der Nationalsozialismus gelehrt haben, sich vor Pauschalurteilen zu hüten.

Damals, das im 44. Jahrgang monatlich erscheinende „Magazin für Geschichte“ befaßt sich in seiner aktuellen Ausgabe (2/2012) schwerpunktmäßig mit dem wohl berüchtigtsten Instrument des nationalsozialistischen Terrors: der SS. In ihrem Editorial weist Chefredakteurin Marlene P. Hiller zu Recht darauf hin, daß der Krieg die „Dynamik der Massenausrottung“ beschleunigte und schließlich zum „Abstieg in die Barbarei“ führte. Der Historiker Jan-Erik Schulte beschreibt das „KZ-System als Wirtschaftsfaktor“ und untersucht die Rolle Himmlers beim Aufbau eines SS-Rüstungskonzerns, der jedoch an den gegensätzlichen Interessen innerhalb der NS-Hierarchie scheiterte, so daß stattdessen private Wirtschaftsbetriebe vom Einsatz der Häftlinge und Zwangsarbeiter profitierten.

Wenig erhellend sind hingegen die Beiträge über „Hitlers freiwillige Kämpfer“ und die Waffen-SS. Gerade hier hätte man sich mehr Sorgfalt gewünscht, beispielsweise eine Analyse der Motive jener jungen Europäer, die sich zu Zehntausenden den Verbänden der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS anschlossen, um im Osten gegen die Rote Armee zu kämpfen. Überwiegend bedeutet dieser Einsatz auf deutscher Seite kein Bekenntnis zum Nationalsozialismus, sondern beschrieb eher den Prozeß einer Entwicklung vom pangermanisch-rassistischen Staatsnationalismus zum europäischen Nationalismus und einer Vielvölkerarmee, die mit ihrer Supranationalität den imperialistisch-deutschen Rahmen sprengte. Viel zu kurz werden leider auch die während der 1950er Jahre bestehenden guten Kontakte führender westdeutscher Politiker – wie etwa der Sozialdemokraten Kurt Schumacher und Fritz Erler und des CDU-Kanzlers Konrad Adenauers – zu Veteranen der Waffen-SS behandelt.

Über den Kunstschützer Alexandre Lenoir, der während der Französischen Revolution gegen den Vandalismus der Revolutionäre vorging und in Paris das erste historische Museum gründete, das „Musée des monuments français“, berichtet ein weiterer Beitrag.

Kontakt: Konradin Medien GmbH. Ernst-May-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen. Das Einzelheft kostet 6,90 Euro, das Jahresabo 88,80 Euro.

www.damals.de

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