© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/12 17. Februar 2012

Blick in die Medien
„Polizeibuch“: Gefällt Datenschützern nicht
Toni Roidl

Es ist nur wenige Jahre her, da kämpften auf den Polizeiwachen frustrierte Beamte mit klapprigen Schreibmaschinen. Inzwischen ist auch die Polizei im Telekommunikationszeitalter angekommen und nutzt das Internet zur Verbrechensbekämpfung. Zum Beispiel durch die Online-Anzeige oder Fahndungsaufrufe auf den Internetseiten der Polizeireviere.

Jetzt will die Polizei Nieder-sachsens den Schritt vom statischen Internet zum Web 2.0 nachholen. Für Fahndungsaufrufe wollen die Beamten das Netzwerk Facebook nutzen.

Facebook-Mitglieder können auf dem Nutzerprofil der Polizei Phantombilder und Zeugenaufrufe anklicken. Das Problem, daß die Facebook-Server in den USA stehen und für die Datenübertragung in ein Nicht-EU-Land eine gesetzliche Erlaubnis vorliegen muß, umgehen die Niedersachsen, indem sie die Daten auf polizeieigenen Seiten ablegten. Auf diese Seiten setzten sie dann einen Link.

Im Pilotversuch hat sich das „Polizeibuch“ bewährt: Acht Straftaten konnten von März 2011 bis Ende Januar 2012 durch Mithilfe von Facebook-Nutzern aufgeklärt werden. Stolze 98.000 „Freunde“ hat die niedersächsische Polizei bereits bei Facebook.

Doch nicht allen Nutzern gefällt das. Der zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz stoppte die Initiative. Sein Einwand: Die Fahndung im Internet sei im Jahr 2002 erlaubt worden, doch damals sei die Situation ganz anders gewesen, da es noch keine sozialen Netzwerke gab. Nun drohe die „Gefahr der Stigmatisierung vermeintlicher oder tatsächlicher Krimineller“, wird der LfD in der taz zitiert.

Um Himmels Willen, das wäre ja auch ganz schlimm! Trotzdem wollen die Bundesländer Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein so fies sein, vermeintliche oder gar tatsächliche Kriminelle ebenfalls mittelfristig der Gefahr einer Stigmatisierung auszusetzen.

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