© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Umwelt
Alterung tötet Fische
Volker Kempf

Das Umweltbundesamt (UBA) schlägt Alarm: „Wegen des demographischen Wandels unserer Gesellschaft wird die Konzentration von Humanarzneimitteln in der Umwelt vermutlich noch weiter zunehmen.“ Der Grund: Alte Menschen nehmen vergleichsweise viele Medikamente ein, die dann über Ausscheidungen und unsachgemäße Entsorgung in Toiletten die Gewässer belasten. Im Prinzip ja, würde Radio Eriwan sagen: Es ist richtig, wenn man davon ausgeht, daß ein hoher Anteil Älterer mehr Medikamente benötigt als ein geringerer. Es ist aber falsch, wenn man eine Gesamtrechnung aufmacht: Der seit den siebziger Jahren offenkundige Geburtenrückgang bedeutet langfristig weniger Einwohner, die die Umwelt dann auch entsprechend weniger belasten. Wie man es auch dreht und wendet: 82 Millionen Menschen in Deutschland sind mit ihrem Medikamentenkonsum ein Problem für die Umwelt.

Notgedrungen gelangt ein Großteil der Wirkstoffe aus Medikamenten in die Abwässer und dann auch in die Gewässer. Einige Wirkstoffe gelten als besonders umweltrelevant, etwa die des weit verbreiteten Wirkstoffs Diclofenac. Selbst in kleinsten Mengen seien Schädigungen in der Fischwelt zu befürchten, warnt das UBA. Um so verwunderlicher für den Verbraucher ist, daß er mit seinen Arzneirestbeständen von Apothekern oft wieder nach Hause geschickt wird. Es würde reichen, Reste in der Mülltonne zu entsorgen. Der Müll würde meist verbrannt, die Wirkstoffe dadurch zerstört. Würden Medikamente aber alle verbrannt, wäre es besser. Es wäre auch besser, diese Restbestände würden nicht wieder nach Hause gebracht, wo sie statt in Apothekerhand leichter in Kinderhand gelangen, wie die Apotheken-Umschau zu bedenken gab. Diese Praxis basiert zwar auf einer EU-Richtlinie. Aber nicht alles, was von der EU kommt, bedeutet auch einen Fortschritt.

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