© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Die märkische CDU läßt nicht locker
Brandenburg: Im Streit um die von Parteichefin Saskia Ludwig in der „JUNGEN FREIHEIT“ angestoßene Profildebatte hält die Union die Reihen geschlossen
Felix Krautkrämer

Es klingt wie eine Kampfansage, als Saskia Ludwig am Dienstag abend in Potsdam ans Mikrophon tritt und ankündigt, ihre Partei werde sich weder vom politischen Gegner noch von den Medien vorschreiben lassen, wie sie sich politisch zu positionieren habe.

Die brandenburgische CDU-Chefin ist auf Einladung der parteinahen Konrad-Adenauer-Stiftung gekommen, um mit dem früheren brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm und dem einstigen Ministerpräsidenten von Thüringen und Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, über den Kurs der CDU zu diskutieren. Es gebe vor allem an der Basis erheblichen Gesprächsbedarf, wohin die Partei strebe, sagt Ludwig. Und es sei auch Aufgabe der Union, über Werte wie Nation, Heimatverbundenheit und Familie zu sprechen. Daran lasse man sich auch nicht von der Linkspartei hindern. Erst vor zwei Wochen hatte die Landes-und Fraktionschefin mit einem Beitrag für die JUNGE FREIHEIT über den Berliner Kreis in der Union (JF 8/11) für erheblichen Wirbel gesorgt. Darin riet sie ihrer Partei, mehr auf Freiheit und Eigenverantwortung zu setzen als auf einen allzuständigen, bevormundenden Staat. Zudem warb sie darum, sich mehr um die früheren Wähler der FDP zu bemühen.

Als Reaktion auf den Artikel kündigten FDP und Grüne im Potsdamer Landtag der CDU die Zusammenarbeit auf. Die SPD schloß gar eine Koalition mit einer von Ludwig geführten Union nach der nächsten Landtagswahl aus. Selbst der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, meldete sich zu Wort und kritisierte Ludwig. Er sei „entsetzt“, was sie mit der CDU mache, sagte er der Märkischen Allgemeinen. Die ehemalige Regierungspartei werde von ihrer Landesvorsitzenden nach und nach ruiniert.

Die CDU-Chefin reagiert gelassen auf die Anwürfe. Es sei Aufgabe einer Volkspartei, sich von anderen Parteien zu unterscheiden, sagt sie auf der Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. In Brandenburg finde derzeit ein Lernprozeß statt, daß es unterschiedliche politische Kräfte gebe, und keinen Einheitsblock. Daran müsse sich mancher eben erst noch gewöhnen. Sie sei sicher, daß Grüne und FDP wieder zur Vernunft kämen, wenn sich der Rauch verzogen habe. Es sei allerdings nicht nachvollziehbar, wenn sich Presse und andere Parteien über selbstverständliche Positionen der CDU erregten, während sich der stellvertretende Ministerpräsident, Finanzminister Helmuth Markov (Linkspartei) ungestört hinstellen könne und verkünde, Rot-Rot marschiere in Brandenburg gegen den gesellschaftlichen Konsens der Bundesrepublik. Sie frage sich, wo hier der entsprechende Aufschrei bleibe.

Unterstützung erhielt Ludwig von Unionskollegen wie dem sächsischen Fraktionschef Steffen Flath. „Saskia Ludwig hat recht. Der Berliner Kreis diskutiert auch die Frage, wie das konservativ-liberale Profil der CDU geschärft werden kann“, sagte Flath in der vergangenen Woche der JF. Dazu gehöre zwingend der ordnungspolitische Kurs in der Wirtschaftspolitik. Dieses Thema dürfe man nicht allein der FDP überlassen, warnte Flath. Auch Ex-Ministerpräsident Vogel fand nichts Kritikwürdiges an dem JF-Beitrag. „Wir leben in einem freien Land“, betonte er auf der Veranstaltung in Potsdam. In seinem anschließenden Vortrag zeigte sich Vogel erfreut, daß in der Partei endlich wieder über das C diskutiert werde. Er wisse, wie schwierig der Spagat sei, sowohl für traditionelle Milieus ansprechbar zu sein, als auch für Wähler, die nicht so leben wollten wie ihre Eltern. Dabei müsse die CDU allerdings darauf achten, daß keine ihrer drei Wurzeln – die christlich-soziale, die liberale und die konservative – verdorre.

Brandenburgs CDU-Ehrenvorsitzender Schönbohm riet den anwesenden Journalisten, erst einmal zu lesen, was die Fraktionschefin überhaupt geschrieben habe. Das hätten einige offenbar nicht getan. Anders lasse sich die Aufregung nicht verstehen. Es sei nicht verwerflich, sich um verlorene Wählergruppen zu bemühen. Ebenso richtig sei es, darauf zu achten, daß rechts der Union keine demokratische Partei entstehe.

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