© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Paul Nolte und die revitalisierte Bürgerlichkeit: „Kampf um die Mitte“
Dämme gegen die Erosionskrise
(ob)

Beim „Kampf um die Mitte“ haben der Historiker Paul Nolte (FU Berlin) und der Politologe Jens Hacke (Institut für Sozialforschung Hamburg) die akademische Wortführerschaft übernommen. Mit den von ihnen in den Diskurs eingespeisten „liberal-konservativen Deutungsmustern“ würden sie wirkungsvoll auf die fortgeschrittene gesellschaftliche „Erosionskrise“ (Oskar Negt) der Berliner Republik antworten. So sieht es jedenfalls der an der Uni Essen mit dem „zeitgenössischen pädagogischen Konservatismus“ befaßte Sven Kluge (Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau, 1-2011). Der ungebrochen an der „Kritischen Theorie“ festhaltende Pädagoge zieht dabei die Traditionslinie von Nolte und Hacke zurück zum Widerlager der „Frankfurter Schule“ des Münsterer Philosophen Joachim Ritter, dem bis heute öffentlich einflußreiche Denker wie Hermann Lübbe und Odo Marquard zuzurechnen sind. Das identitäts- und orientierungsstiftende Ethos, das ihre Nachtreter aktuell zur Stabilisierung des Status quo vermitteln wollen, komme allerdings, wie Kluge erleichtert konstatiert, ohne Rekurs auf die Nation aus, die schon der Ritter-Schule eher suspekt gewesen sei. Wie deren Exponenten verdrängen aber auch die Ideologen Nolte und Hacke die Frage nach dem Nutzen einer revitalisierten Bürgergesellschaft für die kapitalistische Wirtschaftsordnung.

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