© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Frisch gepresst

Idealismus. Jeremy Bentham, der als Erzvater des angelsächsischen Utilitarismus auch als neoliberale Leitfigur taugt, formulierte schon 1834 mit „Opfer ist Unsinn“ das anti-idealistische Credo des bürgerlichen Besitzegoismus. Als global gültige Maxime bestimmt Bent-hams Weisheit heute den Takt des nachbürgerlichen Zeitalters. Dieser Triumph des common sense geht indes einher mit dem Verlust an Gefühl für Ehre, Würde, Seelengröße. Unter denen, die früh vor solcher nicht nur im „Unterschichten-TV“ (Harald Schmidt) zu beobachtenden „Verhausschweinung des Menschen“ (Konrad Lorenz) warnten, gehört der französische Autor Henry de Montherlant (1895–1972), dessen Werk heute selbst in seiner Heimat vergessen ist. Mit der Neuauflage einer 1939 auf deutsch veröffentlichten aristokratischen Verteidigung des „nutzlosen Dienens“ verbindet der illusionslose Editor Götz Kubitschek zwar nicht die Hoffnung, Lust auf „das Nutzlose als das Eigentliche“ zu machen, aber eine kleinere Verunsicherung könnte schon ausgehen von Montherlant-Sentenzen wie jener, derzufolge es für ein Land gefährlich werde, wenn der sittliche Pegelstand so weit sinkt, daß Gefühle, die die ganze Würde des Menschen ausmachen, aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwinden. (fw)

Henry de Montherlant: Nutzloses Dienen. Kaplaken Band 29. Edition Antaios, Schnellroda 2011, gebunden, 96 Seiten, 8,50 Euro

 

Schorfheide. Auf halber Strecke zwischen Berlin und Stettin erstreckt sich eines der größten und schönsten Waldgebiete Deutschlands. Für deutsche Herrscher im 20. Jahrhundert war das uckermärkische Revier – anders als die Rominter Heide in Ostpreußen – eine hauptstadtnahe Verlockung, dem Waidwerk zu frönen. Der Potsdamer Historiker Burghard Ciesla und Helmut Suter, Leiter des Schorfheidemuseums, lassen in ihrer reich bebilderten Arbeit die mächtigen Jäger Revue passieren – von Kaiser Wilhelm II. bis hin zu den gewaltigen Erichs (Honecker und Mielke), die in bester feudaler Manier DDR-Staatsgäste aus Ost und West zu Drückjagden auf die starken Hochwildbestände baten. Natürlich darf dabei auch nicht „Reichsjägermeister“ Hermann Göring fehlen, der sich mit seinen „grünen Freimaurern“ (Zitat Hitler) in den sein Anwesen Carinhall umgebenden Wäldern tummelte. (bä)

Burghard Ciesla, Helmut Suter: Jagd und Macht. Bebra Verlag, Berlin 2011, gebunden, 256 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

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