© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Umwelt
Vergessene Väter
Volker König

Am 6. März kann die deutsche Umweltbewegung des 30. Jahrestages der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) gedenken. Denn an jenem Tag im Jahre 1982 trafen sich in Bad Honnef am Rhein einige hundert enttäuschte Ex-Mitglieder der Grünen, die ein bürgerlich-konservatives, ökologisches Gegengewicht zu der nach links abgedrifteten Partei bilden wollten. Der Anspruch war hoch: Man erachtete sich im Grundsatzprogramm als „der von Millionen Mitbürgern als notwendig erachtete parlamentarische Arm der ökologischen Bewegung“. Der damals gewählte erste Bundesvorsitzende und unbestrittene Kopf der neuen Partei war der einstige CDU-Umweltexperte und Grünen-Mitgründer Herbert Gruhl. Er stellte in seiner Grundsatzrede auf dem Parteitag klar: „Alle Bereiche des Lebens auf der Erde gehören zur Ökologie. Alles, aber auch alles muß daher Gegenstand unserer Zukunftsvorsorge sein.“ Darum sei die ÖDP keine Ein-Punkt-Partei, sondern vertrete ein organisch-konservatives Weltbild.

Materialismus, Fortschrittswahn und Wachstumsideologie, egal ob sozialistisch oder liberalistisch begründet, führen hingegen zur Vernichtung der Lebensgrundlagen. Zu Wahlerfolgen oberhalb der kommunalen Ebene kam es in drei Jahrzehnten Parteigeschichte nie. Doch als bei der baden-württembergischen Landtagswahl 1988 die Grünen Stimmenverluste an die ÖDP verzeichneten, begannen Diffamierungen („Ökofaschismus“) von linksaußen. Die Mehrheit reagierte darauf mit dem Gutmenschen-Reflex – und Gruhl verzichtete 1989 entnervt auf den Bundesvorsitz. Und die heutige ÖDP? Es ist bezeichnend, daß sie in ihrem Internetauftritt nicht einmal eine Mitteilung zu dem historischen Anlaß setzt, geschweige denn sich ihrer Granden wie Herbert Gruhl oder Baldur Springmann erinnert. Offenbar ist dem heutigen Parteichef, dem linkskatholischen Nichtraucher-Aktivisten Sebastian Frankenberger bewußt, daß er in offensichtlich zu große Fußstapfen Gruhls getreten ist.

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