© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Eines Tages macht es peng!
Literaturbetrieb: Ein „Spiegel“-Autor setzt seine Attacke gegen Christian Kracht fort und entlarvt sich doch nur selbst
Richard Stoltz

Wer sich selbst interpretiert, geht unter sein Niveau“ (Ernst Jünger). Der Spruch trifft ins Schwarze, setzt freilich voraus, daß der jeweilige Selbstinterpretierer überhaupt ein Niveau hat. Auf den Spiegel-Autor Diez trifft das nicht zu. Der sitzt (und saß schon immer) auf dem Beton der absoluten Dummheit beziehungsweise Dumm-Schlauheit, unter den man nicht kriechen kann, den andere eines Tages nur wegräumen könnten.

Der Mann hatte im Spiegel vor zwei Wochen eine volle vier Seiten umspannende „Rezension“ des neuen Romans von Christian Kracht abgeliefert, die in Wahrheit ein Rufmordversuch an dem Autor war (JF 9/12). Kracht sei im Grunde ein Faschist, ein „Türöffner rechten Gedankenguts“. Das war sogar der tonangebenden Literatur-Schickeria zuviel. Von Daniel Kehlmann bis Elfriede Jelinek reichten die Proteste, und in der aktuellen Nummer seines Magazins versucht Diez nun also, sich zu rechtfertigen, zu erklären, wie er es wirklich gemeint habe – wieder über volle vier Seiten.

Was er wirklich gemeint hat und ob er überhaupt etwas gemeint hat, wird freilich nicht klar. Allenfalls ist in dem Sermon die tiefsitzende Angst zu spüren vor einer „Tendenzwende“ in der Literatenwelt , also weg von den bis zum Überdruß ausgelutschten linken Klischees, hin zu den wirklich wichtigen Dingen und zu den großen geistigen Meistern der Moderne, zu Ezra Pound und Knut Hamsun, Friedrich Nietzsche und Martin Heidegger, Ernst Jünger und Gottfried Benn.

Thomas S. Kuhn, der bekannte US-amerikanische Paradigmenforscher, hätte die Quasselstrippe vom Spiegel wohl nicht als Rufmörder, sondern als Luftballonaufblaser bezeichnet. Wenn sich ein neues geistiges Paradigma am Horizont abzeichnet, kommen die PC-Aufseher und Besitzstandswahrer und blasen das alte, herrschende Paradigma mit immer neuen Pissoir-Parolen zu einem Riesenballon auf, um den Horizont zu verdunkeln. Aber eines Tages macht es peng!, der Ballon platzt, und die Aufblaser müssen sich ein neues Klischeefeld suchen.

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