© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Umwelt
Steuer-Schraube
Volker Kempf

Das Menschenrecht auf Nahrung ist seit 1966 im UN-Sozialpakt (ICESCR) völkerrechtlich verankert – die praktische Umsetzung bleibt unzureichend. Das Ziel, durch eine Maximierung der landwirtschaftlichen Massenproduktion jedem einen Zugang zu ausreichender Ernährung zu verschaffen, sei durch die gängige Subventionspolitik nicht annähernd erreicht worden, kritisiert der UN-Sonderberichterstatter Olivier De Schutter in seinem Bericht über die Folgen der Agrarförderung. In den Wohlstandsstaaten seien die Menschen hingegen dicker geworden – mit Folgekosten für das Gesundheitswesen und ein vernichtendes Urteil. Daher fordert der wallonische Professor eine andere Steuer- und Subventionspolitik, um eine „adäquate Ernährung“ zu befördern.

Das ist so neu nicht. Daß Agrarhilfen für minderwertige Massenprodukte verschleudert werden, wird schon lange von Tier- und Umweltschützern kritisiert. Man denke an den „Ernährungspapst“ Max Otto Bruker (1909–2001), der in seinem Buch „Unsere Nahrung – unser Schicksal“ empfahl, sich von der Werbung für ungesundes Billigessen abzuwenden. Er unterschied diesbezüglich Lebensmittel von oft billigen Nahrungsmitteln. Diese Aufteilung könnte in der Steuer- und Subventionspolitik berücksichtigt werden. In Frankreich, Finnland oder Ungarn ist es längst üblich, Genußmittel wie Schokolade oder fettig-salzige Speisen wie Chips höher zu besteuern als Gemüse. Man sollte die ganze Debatte allerdings so angehen, nicht nur an Steuererhöhungen zu denken. Es müßten allerdings an anderer Stelle Steuererleichterungen eingeführt werden. Die Steuerertragsneutralität bliebe damit gewahrt. Es besteht zugleich die Chance zum Subventionsabbau. Der Abbau umweltschädlicher Subventionen wird schon länger gefordert. Warum nicht auch Entsprechendes im Ernährungssektor einmal durchspielen?

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