© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Leserbriefe

Zu: „Fakten unerwünscht“ von Michael Paulwitz, JF 11/12

Déjà-vu „Endsieg-Gläubigkeit“

Seit meinem zwölften Lebensjahr (Jahrgang 1936) bin ich politisch interessiert. Die heutige Realitätsverweigerung unserer Pseudo-Eliten erinnert mich an die „Endsieg-Gläubigkeit“ im Zweiten Weltkrieg. Die Bedrohung durch den militanten Islam und Dschihad wird von den Verantwortlichen ähnlich ignoriert. Meine Enkel, besonders die Mädchen, werden es erleiden müssen; womöglich noch härter als unsereins damals die Folgen des letzten Krieges.

Falk Gebel, Düsseldorf

 

Alle müssen sich unterordnen

Hiermit trifft Herr Paulwitz genau ins Schwarze. Wir leben tatsächlich in einer Gesellschaft, in der nicht zählt, was wahr ist, sondern nur, was der vorherrschenden Ideologie entspricht. Und diese Ideologie ist linke Korrektheit. Alle, die Meinungen haben und veröffentlichen wollen, müssen sich dieser Korrektheit unterordnen. Tun sie es nicht, wird ein Sturm der Entrüstung entfacht, was oft schon einem ideologischen Todesurteil gleichkommt. Nur wenige schaffen es, dieser künstlichen Betroffenheitsindustrie standzuhalten. Machen Sie weiter so!

Werner Segerer, Traunreut

 

 

Zur Karikatur der Woche, JF 11/12

Journaille interessiert nur die Sau

Ihre Darstellung beschreibt eindrucksvoll Deutschland und seine Medien: Während der Finanz-Godzilla unsere Lebensgrundlagen verwüstet, treibt die Journaille wieder mal irgendeine Sau durchs Dorf. Solches geschieht gerade auch in unserer Kleinstadt: Fluten von Leserbriefen gegen eine Neugestaltung des örtlichen Bahnhofs, während niemand sich für die wirklichen Probleme des Landes interessiert.

Rodolfo E. Panetta, Horb-Grünmettstetten

 

 

Zu: „‘Eine heimliche sexuelle Revolution’“, im Gespräch mit Hedwig Freifrau von Beverfoerde, JF 11/12

Berlin: Kindsverderber-Staat

Diese Enthüllungen zur Frühsexualisierung dürften viele Eltern tief erschüttern. Was können Eltern noch dagegen tun, wenn der Staat selbst als Kindsverderber auftritt, wie offenbar im schuld- und schundbeladenen Berlin?

Um so unbegreiflicher ist es, wenn Moritz Schwarz im Gespräch den Knackpunkt des Trauerspiels umgeht wie die Katze den heißen Brei. Mit keinem Wort wird erwähnt, daß die Umtriebe der genderischen Mainstreamer ausgerechnet eine Stadt heimsuchen, deren Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit heißt. Übergriffe auf Minderjährige als Ziel des Schulunterrichts erscheinen da als eine folgerichtige Erscheinung in der Hauptstadt eines Landes, in dem die rosarote Lobby herrscht.

Volker Wittmann, Gauting

 

 

Zu: „Der Gezeitenwechsel“ von Thorsten Hinz, JF 10/12

Eine Frage der Systemnähe

JF-Leser werden wohl zustimmen, wenn der Autor an Joachim Gauck seine Erwartungen als möglichen Anti-Weizsäcker festmacht. Nur in einem Punkt irrt sich Thorsten Hinz: Das ist die konstruierte, aber unstimmige Gemeinsamkeit ihrer beider Väter. Gewiß, beide waren Marineoffiziere und NSDAP-Parteigenossen, aber der eine nur Mitläufer, der andere Hitlers Steigbügelhalter und deshalb in Nürnberg als Kriegsverbrecher angeklagt, von seinem Sohn Richard verteidigt und rechtskräftig verurteilt. Gaucks Vater war nur das unschuldige Opfer sowjetischer Willkürjustiz. Nicht zuletzt deshalb engagierte sich sein Sohn für bürgerliche Freiheit und Gerechtigkeit. Die Weizsäckers dagegen suchten und profitierten schon seit Generationen von der Nähe zur Macht. Bereits der Großvater war als letzter Ministerpräsident des württembergischen Königs noch kurz vor Torschluß geadelt worden.

Prof. Dr. Dr. Hans E. Müller, Braunschweig

 

 

Zu: „Grüner Gipfelstürmer“ von Paul Rosen, JF 10/12

Luftnummer ohne Konsequenzen

Unvergessen die Chuzpe, mit der die Obergrünen Trittin und Künast anläßlich einer Südamerikareise mit Linienflug einen Jet der Flugbereitschaft hinterherfliegen ließen, um dort ein bequemes und sicheres Transportmittel zu haben. Als die Sache vorzeitig ruchbar wurde, wurde der Jet von den Azoren eilig ebenso leer wie auf dem Hinflug rückbeordert. Konsequenzen: keine.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zur Meldung: „Kritik an Sanktionen gegen Ungarn“, JF 10/12

Nachhilfe für das Balaton-Bild

Offenbar sind nicht nur EU-Gremien desinformiert, wie auch der Leserbrief „Nichts als Polemik“ (JF 5/12) beweist, dem zufolge die Orbán-Befürworter respektive die JF die Lage in Ungarn nicht kennen würden. Da kann ich abhelfen. Beispielsweise ist die EU nicht einverstanden, daß Ungarn eine neue Verfassung ausarbeitete, obwohl dies bereits alle anderen ehemaligen Ostblockländer gemacht haben.

Brüssel gefällt auch nicht, daß der Direktor der Ungarischen Notenbank auf die ungarische Verfassung schwören soll. Offenbar soll er westlichen Bankiers treu sein. Interessant ist, daß die gesamte westliche Presse die neue Verfassung bereits aufs schärfste angriff, bevor sie überhaupt vorgestellt wurde. Auch hier zeigt sich die Sprachrohrfunktion der linken Medien. Selbst Frau Clinton wurde auf den Kriegspfad geschickt, obwohl sie noch weniger mit der ungarischen Innenpolitik zu tun hat als die EU.

Eva Jekelfalussy, Menden

 

 

Zu: „Ermächtigungsgesetz durch die Hintertür“ von Wolfgang Philipp, JF 10/12

Bei Zahlungsausfall Feind Nr. 1

Besser als mit der Überschrift des Beitrags kann auf die Gefährlichkeit des ESM-Vertragswerkes nicht aufmerksam gemacht werden. Zur Verdeutlichung dieses „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ hilft es, sich dessen Artikel 27, Absatz 4 zu vergegenwärtigen, wo es heißt: „Das Eigentum, die Finanzmittel und Vermögenswerte des ESM sind unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, von Zugriff durch Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jede andere Form der Inbesitznahme, Wegnahme oder Zwangsvollstreckung durch Regierungshandeln oder auf Gerichts-, Verwaltungs- oder Gesetzesweg befreit.“

Wenn wir innerhalb eines Vertragswerkes einen solchen Artikel vorgelegt hätten, wäre die allgemeine Reaktion gewesen: Da seht ihr es wieder, die Deutschen! Die haben Diktatur im Sinn! Wenn wir aber wegen dieses Artikels und wegen des „Beitrages“ von 190 Milliarden Euros den Vertrag nicht unterzeichnen und nicht zahlen würden, wären wir Europas Feind Nr.1!

Hans-Bernhard Zill, St. Peter-Ording

 

 

Zu: „Ein Humboldt aus Marmor“ von Frank Schirmer, JF 10/12

Eine Lektüre zur rechten Zeit

Dank der „gründlichen, breit angelegten, streng chronologisch verfahrenden, ungemein narrativen, zitatenreichen Lebensbeschreibung“ von Lothar Gall behalten wir reinen Gewissens Wilhelm von Humboldt aus Marmor. An den von Frank Schirmer vermuteten Leserkreis wird der Autor sich wenden wollen in Gedanken an den Bildungsnotstand in den geisteswissenschaftlichen Fächern und im Fach Deutsch. Woher sollen wir heute „Spezialwissen“ zur deutschen Geistesgeschichte und zur „Geschichte Preußens“ haben? Wie rechnet doch selbst der Chefredakteur Ihrer Zeitung unlängst mit seinen erbärmlichen Geschichtslehrern im Gymnasium ab!

Das mehrgliedrige Schulwesen des Wilhelm von Humboldt ist zerstört. Das Heinrich-von-Kleist-Gymnasium soll als Einsparposten des Berliner Senats geschlossen werden. Fast jeder zehnte in Deutschland im Alter zwischen achtzehn und vierundsechzig Jahren kann nicht richtig lesen und schreiben. Der Cornelsen Verlag „übersetzt“ unsere klassische, schöngeistige Literatur für den Deutschunterricht, denn „Texterschließung wird zum Fremdsprachenunterricht“. Eine Potsdamer Germanistin will abgehacktes, gestammeltes Deutsch zur Mundart aufwerten. Achtungslos wird Kulturgut abgeschafft, wie die gebundene Schreibschrift. In Berlin gibt es Lokale und Modegeschäfte, in denen das Personal kein Deutsch spricht und auch kein Deutsch sprechen will. Nein, wir brauchen die „psychoanalytischen Deutungen“ der Humboldtfamilie nicht. Die sind zum Broterwerb von „Spezialisten“ geworden. Da bleibt Schirmer im Zeitgeschmack. Ich kann zu Lothar Galls „Wilhelm von Humboldt“ nur sagen: „gefällt mir“ – „in den Warenkorb“ – „zur Kasse“. Übrigens kommen die Humboldts aus Marmor in das Berliner Schloß.

Ditmar Hinz, Berlin

 

 

Zu: „In Einheit entzweit“ von Gerd Schultze-Rhonhof, JF 10/12

Frage des persönlichen Vorteils

Der Beitrag findet meine ungeteilte Zustimmung, trifft er doch punktgenau die Wahrheit – eine, die leider nur allzu traurig ist. Wenn heutige deutsche Politiker sich so sehr engagieren für ein sogenanntes „Haus Europa“, dann stellt sich die Frage, wie groß deren persönlicher Vorteil dabei ist; denn daß sie einen Vorteil davon haben müssen, steht ja wohl außer Zweifel, so daß wohl nur die Höhe des Vorteils zu hinterfragen sein dürfte.

Gunter Sieber, Limbach-Oberfrohna

 

 

Zu: „Gerecht und überfällig“ von Birgit Kelle, JF 8/12

Abgabe bereits durch Steuersatz

Frau Kelle ist bekannt für familienfreundliche Artikel, und das ist auch gut so. Trotzdem muß hier ihrer „Demographie-Abgabe“ für Kinderlose widersprochen werden:

Kinderlose sind in der Regel Besserverdienende, erst recht als Paar. Deshalb haben sie einen teilweise recht hohen Steuersatz, während wenigverdienende Alleinverdiener mit Kindern in der Regel keine bis fast keine Einkommenssteuer entrichten und auch bei den Krankenkassenbeiträgen trotz mehreren Personen nur kleine Mindestbeiträge für eine Person entrichten. Ein Ausgleich erfolgt auch hier über die hohen Beiträge der Gutverdiener. Genauso in der Rentenversicherung. Der Gutverdiener erhält später nie eine seinen Einzahlungen entsprechend hohe Rente, dafür wird wiederum die niedrige Rente der Wenigverdiener und Familien damit subventioniert. Zusätzlich bezahlt der Staat von den Steuern der Gutverdienenden etwa 4 Milliarden Euro an Subventionen in die Krankenkassen und zirka 80 Milliarden Euro in die Rentenkassen. Diese Gelder kommen alle den Wenigverdienern mit Kindern zugute, nicht zuletzt bei den Bildungsgutscheinen. Es besteht somit bereits eine Umverteilung von Gutverdienern ohne Kinder zu Wenigverdienern mit Kindern.

Werner Christ, Überlingen

 

 

Zu: „‘Der Traum vom Gottesstaat zerbricht’“, im Gespräch mit Hamed Abdel-Samad, JF 8/12

Zurückhaltung wäre angebracht

Es mag ja sein, daß Peter Scholl-Latour, so wie es Hamed Abdel-Samad behauptet, bei den gegenwärtigen Geschehnissen im arabischen Raum nicht up to date ist. Aber woher hat er dann sein Wissen über die Umstände der „Machtergreifung“ vor fast 80 Jahren? Wäre da etwas Zurückhaltung seinerseits nicht ebenso angebracht, so wie er es indirekt Scholl-Latour empfiehlt?

Werner Linn, Feilbingert

 

 

Zu: „‘Falsch verstandene Anpassung an den Zeitgeist’“ von Felix Krautkrämer & Moritz Schwarz, JF 7/12

Unwürdig, jämmerlich und feige

Das Bistum Augsburg hat  – nicht zuletzt nach Ihrem Interview mit Professor Spaemann (JF 5/12) – noch immer zwei Möglichkeiten: Es kann erstens die Vorwürfe seiner Kritiker zurückweisen und ausführlich die Gründe für das Schreibverbot darlegen und damit rechtfertigen. Die zweite Möglichkeit besteht darin, das Verbot zurückzunehmen und sich für sein Vorgehen zu entschuldigen.

Der Versuch aber, keines von beidem zu tun, die Sache also auszusitzen, ist unwürdig und kann nur als jämmerlich und feige bezeichnet werden. Es bleibt zu hoffen, daß die Verantwortlichen des Bistums sich eines Besseren besinnen.

Dr. Dieter Freihoffer, Tiefenbach

 

 

Zu: „Arme Opfer, letztlich aber selber schuld“ von Dirk Wolff-Simon, JF 7/12

„Vergeltung“ am 3. Mai 1945

Ihr Beitrag über das Buch von Dietmar Süß hat mich sehr traurig gemacht, vor allem die Formulierung „Vergeltungseinsätze“ für die britischen Bomber. Da möchte ich doch einmal an den letzten verwerflichsten „Vergeltungseinsatz“ erinnern: Fünf Tage vor Kriegsende am 3. Mai 1945 wurden in der Neustädter Bucht 7.148 ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg, die auf das ehemalige Hamburg-Süd-Passagierschiff „Cap Arcona“ und den Dampfer „Thielbeck“ verbracht worden waren, in einem gewaltigen Bombenhagel getötet! Fahnen des Roten Kreuzes und riesige weiße Tücher verhinderten nicht diese Wahnsinnstat.

Mehr als 8.000 Menschen starben einen elenden Tod im Flammenmeer der kenternden Schiffe oder in den Fluten der Ostsee. Winston Churchill wird ja von Buchautor Süß bei der Frage der Verantwortung der Terrorangriffe sehr geschont. Dabei sollte ihm als Historiker  doch bekannt sein, daß die Behauptung, mit der Bombardierung der spanischen Stadt Guernica im spanischen Bürgerkrieg 1937 hätten wir als erste damit angefangen, die Zivilbevölkerung einer Stadt zu vernichten, unzutreffend ist. Bereits 1920 kamen in Mesopotamien viel grausamere Senfgas- und Brandbomben zum Einsatz. Auf Befehl von Kriegsminister Winston Churchill legte die Royal Air Force im Irak ganze Dörfer in Trümmer.

Rolf Lorenz, Gummersbach

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