© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Blick in die Medien
WDR: Seniorensender im Jugendwahn
Toni Roidl

Der Westdeutsche Rundfunk arbeitet an einer „Neuausrichtung der Formate“. Hinter dem Tapetenwechsel steckt eine Personalpolitik der Verjüngung. Grund dafür ist wohl die Unzufriedenheit mit dem Seniorenimage des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Die Umdekorierung betrifft vor allem Moderatorinnen. Immer mehr Frontfrauen der Generation 50plus werden gefeuert. Claudia Ludwig (51) moderierte 20 Jahre lang „Tiere suchen ein Zuhause“. Nun wurde sie ausgemustert. Ebenso Benedicta Junghanns (48), das Gesicht der Duisburger Lokalzeit. Der WDR hat ihre Mitarbeit nach 18 Jahren zum 30. September 2012 beendet. Gründe wurden nicht genannt. Die Kölner Lokalzeit-Moderatorin Angela Maas (53) wurde durch eine Neunundzwanzigjährige ersetzt. „Der WDR versucht verzweifelt, jünger zu werden“, klagt die Moderatorin Irmela Hannover, geboren 1954.

Das Durchschnittsalter der WDR-Zuschauer ist mit 60 Jahren besonders hoch.

Beim Publikum löst die Verjüngungspolitik Protest aus. Das Durchschnittsalter der WDR-Zuschauer ist mit 60 Jahren besonders hoch. Offenbar will der Sender den Spagat schaffen, mit jüngeren Gesichtern neue Zuschauer zu gewinnen, ohne die alten zu vergraulen. Diese paradoxe Strategie kann nicht funktionieren. Warum binden die Öffentlich-Rechtlichen ihre Zuschauergeneration nicht im Gegenteil stärker durch entsprechende Formate und Gesichter an sich? Daß die über 50jährigen mehr Geld ausgeben als die unsinnigerweise umworbene „werberelevante Zielgruppe 14 bis 49“ hat sich inzwischen selbst bei den Werbeheinis herumgesprochen.

Stattdessen versucht das Baldrian-Staatsfernsehen, seine private Konkurrenz im Jugendwahn zu überholen, zum Beispiel mit immer neuen Spartenprogrammen wie ZDFneo. Die „attraktive öffentlich-rechtliche Alternative für jüngere Zuschauer“ dümpelt bei einem Marktanteil von gerade mal 0,3 Prozent!

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