© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Frisch gepresst

Schlesien. Wer eine kompakte Geschichte des alten Grenz- und Brückenlandes Schlesien und doch mit solidem wssenschaftlichen Hintergrund sucht, der ist mit Helmut Neubachs Kleiner Geschichte Schlesiens gut bedient. Ein wahres Kunststück ist es, auf 46 Seiten einen Bogen zu schlagen von den namengebenden Silingen (100 vor bis 400 nach Chr.) über die deutsche Besiedlung unter den Piasten (1140–1340), als Schlesien ständiger Zankapfel zwischen Böhmen und Polen war, und die österreichische (1526–1740) bis zur preußischen Zeit, die letztlich erst mit der Vertreibung der Deutschen 1945 endete. Der Verfasser ist Osteuropa-Historiker und widmet sich eingehend dem Aufbau des oberschlesischen Industriegebiets seit etwa 1830, des zweitgrößten im späteren Deutschen Reich, welches durch die erzwunge Abtrennung Oberschlesiens durch den Versailler Vertrag geteilt wurde. Hervorzuheben ist die knappe, aber prägnante Bibliographie, eine Liste schlesischer Kultur- und Forschungsinstitute in der Bundesrepublik sowie der Bildungs- und Begegnungstätten im heutigen Schlesien (jeweils mit Anschriften). Es ist kein Zufall, daß Neubachs Schrift mittlerweile elf Auflagen erfahren hat. (kho)

Helmut Neubach: Kleine Geschichte Schlesiens. 11. Auflage. Senfkorn Verlag, Görlitz 2011, broschiert, 46 Seiten, 2,90 Euro

 

Fälschungen. Die Schrift, so Platons Kritik im „Phaidros“, ist eine Art Ur-Sünde. Mit ihr beginnt der zweifelhafte Glaube an den Buchstaben. Dennoch gilt, in der Bibel wie in der Literatur: Am Anfang war das Wort. Bei dem musikalisch versierten, grandios fabulierenden Südtiroler Schriftsteller Herbert Rosendorfer führte dies einst zur Schöpfung des fiktiven Komponisten Otto Jägermeier, der sogar in Musik-Lexika aufgenommen wurde, denn: „Man ahnt nicht, wie schnell die Wissenschaft reagiert, wenn einer vom anderen abschreiben kann.“ Nun liefert Rosendorfer in seiner Geschichte vom „Meister“, einem gescheiterten Musikwissenschaftler, der den Komponisten Thremo Tofandor erdichtet, tatsächlich eine Novelle, die vom Verlag – der sich der Symbiose von Literatur und Musik verschreibt – als Roman ausgegeben wird. Sehr vergnüglich sind hier auch die Spitzen gegen die Idolatrie Adornos und das Wesen der EU-Bürokratie. (cd)

Herbert Rosendorfer: Der Meister. Roman. Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, München 2011, gebunden, 159 Seiten, 16,99 Euro

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