© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/12 13. April 2012

Gold ist das ultimative Geld
Finanzkrise: Die Abkehr vom Goldstandard ermöglichte ein ungehindertes Ausweiten der Kredit- und Geldmengen zu niedrigen Zinsen
Thorsten Polleit

Die Mehrheit der meinungsführenden Ökonomen lehnt den Goldstandard ab, also das Geldsystem, in dem Banknoten und Giroguthaben jederzeit in eine feste physische Goldmenge eintauschbar sind. Sie sprechen sich vielmehr für einen staatlich beherrschten Papiergeldstandard aus, unter dem Geld durch Bankenkreditvergabe geschaffen wird, ohne daß dafür „echte Ersparnisse“ vorhanden sind („ex nihilo“). Die Meinung der „Mainstream-Ökonomen“ ist höchst erklärungsbedürftig, vor allem deswegen, weil der Goldstandard nicht aus ökonomischen Gründen, sondern aus politisch-ideologischen Erwägungen zerstört wurde.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war weltweit ein Goldstandard etabliert. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gingen dann jedoch die meisten Staaten – mit Ausnahme der USA – vom Goldstandard ab, nicht weil er schlecht funktioniert hätte, sondern weil Gold wertbeständiges Geld ist, und das stand der Kriegsfinanzierung durch Inflation im Wege. Nach dem Ende der Kriegshandlungen 1918 wurde im Zuge des Ausbreitens sozialistisch-freiheitsfeindlicher Ideologien die Rückkehr zum Goldgeld zusehends unerwünscht.

Das „System von Bretton Woods“ war daher auch nur ein halbherziger Versuch, das internationale Währungssystem nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder an das Gold anzubinden: Ab 1945 war der US-Dollar (nach wie vor) durch Gold gedeckt, und alle übrigen Währungen waren mit festem Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Und weil sie konvertierbar waren in den US-Dollar, waren auch sie (indirekt) an das Gold gebunden. Doch mit der unilateralen Aufhebung der Eintauschpflicht des US-Dollar in Gold durch die amerikanische Regierung am 15. August 1971 wurden die letzten Überbleibsel des Goldgeldregimes beseitigt. Die Ära des nicht mehr einlösbaren staatlichen Papiergeldes begann.

Trotz der sehr üblen Inflationserfahrung mit dem Papiergeld in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts blieben die Rufe nach einer Rückkehr zum Goldstandard aus. Das lag, neben politisch-ideologischen Erwägungen, vermutlich auch daran, daß es unter dem Goldstandard, wie er bereits Ende des 19. Jahrhunderts praktiziert wurde, auch schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen gegeben hatte. All diese Krisen lagen jedoch nicht am Goldstandard per se, sondern vielmehr an staatlichen Interventionen, die zerstörerische, letztlich fatale Kräfte freisetzten: Der Staat erlaubte nämlich immer wieder den Geschäftsbanken, per Kredit neues Geld in Umlauf zu bringen, neues Geld, das nicht mehr voll durch die Goldbestände gedeckt war, die die Kunden bei ihren Banken deponiert hatten („Teilreservesystem“). Eine solche Ausgabe von nicht gedecktem Kreditgeld muß jedoch notwendigerweise zu Störungen im Wirtschaftsleben führen: Das kreditgetriebene Ausweiten der Geldmenge „ex nihilo“ ist inflationär, verzerrt die Preis- und Zinssignale des Marktes und sorgt so systematisch für Fehlinvestitionen, „Boom-and-Bust“-Zyklen und ein Anschwellen der Verschuldung.

Weil zudem die Zahlungsverbindlichkeiten der Banken chronisch ihre Kassenbestände übersteigen, sind sie anfällig für „Bank Runs“: daß also Kunden vor dem Schalter Schlange stehen und ihre Banknoten und Giroguthaben in Gold eintauschen wollen. Banken können in einem Teilreservesystem nicht jederzeit ihren gesamten Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Bei einem Bank Run gehen sie pleite, und nachfolgend geraten auch Unternehmen, Konsumenten und Staaten in den Pleitesog. Um all das zu verhindern, suspendierte der Staat regelmäßig in Krisenzeiten die Verpflichtung der Banken, die von ihnen ausgegebenen Banknoten und Giroguthaben vertragsgemäß in Gold einzutauschen. 

Mit dem Etablieren einer staatlichen Zentralbank und dem Ersetzen des Goldes durch Geld, das allein von der Zentralbank produziert wird (Zentralbankgeld), konnte fortan verhindert werden, daß Banken Konkurs anmelden. Die Zentralbank kann den Banken fortan jederzeit jede beliebige Geldmenge bereitstellen. Damit wurde natürlich auch ein ungehindertes Ausweiten der Kredit- und Geldmengen mit immer niedrigeren Zinsen in Gang gesetzt, und das errichtete in den letzten Jahrzehnten eine bisher beispiellose internationale Kredit- und Geldpyramide.

Mittlerweile ist jedoch das Papiergeldsystem an seine Grenzen gestoßen. Private Kreditgeber ziehen sich aus den Kreditmärkten zurück. Die Zentralbanken müssen immer mehr Geld in Umlauf bringen, um drohende Zahlungsausfälle von Banken und auch Staaten abzuwehren. Das Ausweiten der Geldmenge wird – wie schon so häufig in der Währungsgeschichte – zu hoher Inflation führen, vielleicht sogar Hyperinflation. Friedrich August von Hayek erkannte die zerstörerische Wirkung, die der Staat auf das Geld hat. Er forderte daher bereits 1976 ein Privatisieren der Geldproduktion. Geld, so Hayek, sei ein Gut wie jedes andere, und es kann am besten durch das freie Angebot von und die freie Nachfrage nach Geld bereitgestellt werden, wie ja jedes andere Gut auch. Die Geldnachfrager würden bestimmen, was Geld ist. Sie würden das Gut als Geld nachfragen, von dem sie erwarten, daß es allgemein und überall als Tauschmittel akzeptiert wird. Im Zuge eines Währungswettbewerbs würden sich vermutlich „intrinsisch“ wertvolle Sachgüter (wie zum Beispiel Gold und Silber) als alternative Gelder etablieren.

Der Währungswettbewerb hätte eine Reihe von Vorteilen. Erstens erhöht sich der Druck auf die Zentralbank, die Kaufkraft des Geldes, das sie herausgeben, zu wahren. Denn wenn sie eine inflationäre Geldpolitik verfolgt, wechseln die Marktakteure vom heimischen auf anderes, weniger inflationäres Geld. Zweitens steigt der Druck auf die nationalen Regierungen, ihre Staatsfinanzen zu gesunden, und Banken werden angehalten, betriebswirtschaftlich zu wirtschaften. Denn beide können nicht mehr wie bisher davon ausgehen, daß die Zentralbank ihnen zu niedrigen Zinsen unlimitiert Geld bereitstellt. Drittens ruft das Geld, welches im Wettbewerb geschaffen wird, keine Störungen des Wirtschaftsgeschehens hervor – wie Spekulationsblasen, Fehlinvestitionen und Überschuldung –, wie es beim ungedeckten Kreditgeld notwendigerweise der Fall ist. Und viertens: Der Währungswettbewerb eröffnet den Marktakteuren echte Wahlmöglichkeiten, durch die sie an gutes Geld kommen. Er schützt also Bürger und Unternehmen vor dem Mißbrauch der staatlichen Notenpresse.

Geldhalter und Sparer sollten jedoch nicht darauf warten, daß ihre Regierung den Währungswettbewerb aktiv in Gang setzt. Denn die Politik will eine „Überraschungsinflation“ in Gang bringen, um vor allem die realen (Staats-)Schuldenlasten zu entwerten. Das hat sicherlich dazu beigetragen, daß die Preise für Gold und Silber in den letzten Jahren gestiegen sind. Und sie werden vermutlich noch viel weiter ansteigen, denn das Ausweiten der Papiergeldmengen war in den letzten Jahrzehnten enorm.

Müßte etwa die Zahlungsmittelmenge im Euro-Raum (M1) zu 100 Prozent durch das Gold gedeckt werden, das die Euro-Zentralbanken besitzen, stiege der Goldpreis von derzeit 1.250 Euro pro Feinunze auf mehr als 14.000 Euro, bei einer Deckung von 40 Prozent auf immer noch knapp 6.000 Euro. Daß der aktuelle Goldpreis weiter steigen könnte, legt die Währungsgeschichte nahe: Sie zeigt unmißverständlich, daß das ungedeckte Papiergeld nur ein vorübergehendes Phänomen ist, daß es früher oder später wieder durch Gold, das ultimative Geld der Zivilisationen, ersetzt wird.

 

Prof. Dr. Thorsten Polleit lehrt an der Frankfurt School of Finance & Management. Er ist Chief German Economist bei Barclays Capital.  Im Finanzbuch Verlag erschien 2011 sein Buch „Der Fluch des Papiergeldes“.

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