© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/12 20. April 2012

Frisch gepresst

Konservatismus. Zur „lesefaulen Rechten“ (Günter Maschke) gehört der Ideenhistoriker Felix Dirsch gewiß nicht. Nicht allein die schiere Masse von 1.100 Anmerkungen, die seine Studien über den Konservatismus als „klassische Strömung des politischen Denkens“ im 20. Jahrhundert fundieren, wappnen ihn gegen diesen Vorwurf, sondern auch die souveräne Interpretation und Verarbeitung der in diesen Fußnoten verborgenen Bibliothek von Texten. Unübersehbar sind dabei Dirschs katholische Präferenzen, die ihn nach eigenem Verständnis ins konservative, nicht ins „rechte“ Lager versetzen, wo man nicht wie dort auf „abendländische“ oder „christliche Werte“, sondern auf Volk und Nation fixiert ist. So steht denn auch das katholische, intellektuelle „Milieu“ von der Weimarer Republik bis zur Adenauer-Ära im Zentrum seiner Suche nach der „Authentizität“ des Konservativismus. Der Band schließt mit einer Analyse der neokonservativen Publizistik der 1970er (Criticón, Deutschland-Magazin), der Prüfung der „Böckenförde-Doktrin“ und einer kritischen Durchleuchtung der Europa-Idee des Lissabonner Vertrages aus „authentisch-konservativer Perspektive“. (fs)

Felix Dirsch: Authentischer Konservatismus. Studien zu einer klassischen Strömung des politischen Denkens. LIT Verlag, Berlin 2012, broschiert, 389 Seiten, 59,90 Euro

 

Mobbing. Hänseln und Tyrannisieren gehörte seit jeher zum Schulalltag. Meist ließ früher die Klassenmeute aber immer dann ab, wenn das Opfer endlich heulte. Der Pädagöge Martin Kohn ist sich dieser pubertären Aggressionsmuster bewußt, wenn er vor deren Auswüchsen warnt, die Kindern heute in ihrem Schulalltag begegnen und zählt diese in seinem an die Eltern gerichteten Ratgeber auf: Sie reichen von Beleidigung und Mobbing bis hin zu körperlicher Gewalt und Raub („Abziehen“). Ganz zeitgemäß berücksichtigt Kohn auch Denunziations- und Beleidigungsphänomene, die sich in den sozialen Online-Netzwerken ausbreiten und schlägt allerlei Präventionsmaßnahmen vor. In der Analyse der Jugendgewalt, die – wie er eingangs kurz erwähnt – zu fast zwei Dritteln „zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen“ stattfindet, bleibt er leider auffällig kurzatmig und behilft sich stattdessen lieber mit Tips, die das Abrutschen ins rechtsextreme Milieus verhindern helfen sollen. (bä)

Martin Kohn: Tatort Schule. Was tun bei Mobbing, Erpressung, Körperverletzung, Beleidigung oder sexuellen Angriffen. Humboldt Verlag, Hannover 2012, broschiert, 184 Seiten, 16,95 Euro

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