© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Die Einzelkämpferin
Familienministerin Kristina Schröder ist zur Haßfigur der Linken geworden – auch in der eigenen Partei
Birgit Kelle

Kristina Schröder ist mit ihrer Vorstellung von Familien- und Frauenpolitik eindeutig in der falschen Partei. Allein auf weiter Flur steht sie mit ihrem Festhalten am Betreuungsgeld oder gar mit ihrem Frontalangriff auf den Feminismus in Deutschland. Die eigenen Parteifreundinnen in der CDU verweigern ihr die Gefolgschaft. Während sich die Bundeskanzlerin nahezu als einzige Frau hinter die Ministerin stellt, oder ihr zumindest nicht öffentlich in den Rücken fällt, sind andere da weniger zimperlich.

Die versammelte Frauenunion und allen voran Ursula von der Leyen haben ganz andere Ansichten darüber als die Ressortchefin selbst, wie geglückte Frauen- und Familienpolitik in einem modernen Deutschland aussieht. Sie wollen eine gesetzliche Frauenquote und verteufeln das Betreuungsgeld. Sie gehören aber auch nahezu alle einer anderen Frauengeneration an als die Ministerin. Und so gerät das Ringen um den richtigen Weg für Frauen derzeit zu einem Machtkampf zwischen der Generation der Feministinnen, die sich ihren Weg hart erkämpfen mußten und derzeit ihre Felle wegschwimmen sehen, und der Generation ihrer selbstbewußten Töchter, die gar nicht daran denken, die alten Grabenkämpfe weiter auszutragen.

Die alte Garde will und kann offensichtlich nicht einsehen, daß es ihr Frauenkollektiv gar nicht gibt und weigert sich, die nachfolgende Generation in die Freiheit zu entlassen, die sie doch gerade für diese erkämpft hat.

Es ist davon auszugehen, daß Frau Schröder wußte, wie weit sie sich mit ihrem Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ (siehe Seite 6) aus dem Fenster lehnen würde und daß die Reaktionen in der Presse nicht freundlich würden. Um so höher ist ihr anzurechnen, daß sie es trotzdem veröffentlicht hat. Die Auseinandersetzung mit Alice Schwarzer im vergangenen Jahr hatte ja schon ahnen lassen, daß es gerade als Frau nicht einfach ist, sich dem feministischen Mainstream in Deutschland zu widersetzen. Als „schlicht ungeeignet“ hatte die Grande Dame der Emanzipation einst die junge Ministerin abgekanzelt. Derzeit ist es erstaunlich ruhig aus der Emma-Ecke. Ob es daran liegt, daß Frau Schwarzer nach wie vor auf die Überweisung von Geldern zur Rettung ihres Archivs in Köln aus dem Bundesfamilienministerium hoffen darf? In meinen Augen übrigens ein genialer Schachzug von Kristina Schröder, sich zuerst ungefragt in das Herz der Vorzeigefeministin einzukaufen, um ihr nur wenige Wochen später inhaltlich komplett über den Mund zu fahren. Wer die Ministerin immer noch als naiv abtut, sollte kurz innehalten.

Hätten die Liberalen nicht selbst schon so viel von ihren freiheitlichen Grundsätzen aufgegeben, man müßte Frau Schröder empfehlen, zum Koalitionspartner zu wechseln. Denn ihre Ansichten zur Emanzipation der Frau und zur Familie sind derart liberal, daß man eher annehmen müßte, die Konservativen würden Sturm laufen. Doch wer ist denn noch konservativ in der CDU? In der FDP ist leider auch nichts zu holen; dort unterstützen zahlreiche Frauen eine Quote für Deutschland. Das Betreuungsgeld lehnen sie ebenfalls ab.

Es birgt schon eine eigene Ironie, daß ausgerechnet eine junge christdemokratische Frau und Mutter nun angetreten ist, den Liberalen, den Linken, den Multikultis und Toleranzfanatikern zu erklären, was echte Freiheit für Frauen bedeuten kann und muß. Liest man ihr Buch, ahnt man eine unheimliche Wut über diese ständige Bevormundung und Kategorisierung von Frauen – vor allem untereinander. Heimchen am Herd, Rabenmutter, wie man es macht, macht man es falsch. Sie hat es selbst erfahren müssen als erste schwangere Ministerin im Familienressort, wie sich plötzlich eine ganze Nation als qualifiziert betrachtet, Frauen in Sachen Kind und/oder Karriere privateste Entscheidungen zu diktieren. „Mein Bauch gehört mir“ bekommt da eine ganz neue Bedeutung.

Das Private ist privat, fordert sie in ihrem Buch. Es ist nicht nur die klare Ansage: „Laßt mich endlich in Ruhe“, sondern auch ein Abgesang an die Generation der 68er, bei denen jedes WG-Frühstück immer politischen Charakter hatte. Sie will nicht Vorbild sein mit ihrem Lebenswandel, vielleicht ist es das, was die Damen Feministinnen am meisten aufbringt. Finden sich doch unter ihnen zahlreiche Exemplare, die glauben, mit ihrem eigenen Weg den einzig wahren für Frauen gefunden zu haben. Nicht zuletzt demonstrierte uns Schröders Vorgängerin von der Leyen, wie man sieben Kinder hat und trotzdem stets adrett einen Ministerjob schmeißt. So schön könnte ihre Nachfolgerin uns vormachen, wie Kind und Karriere korrekt zu vereinen sind, und nun will das junge Ding einfach nicht mitmachen.

Nicht nur innerhalb der Regierungs- und Oppositionsparteien hat Kristina Schröder wenige Freundinnen. Sieht man sich den Mediensturm der vergangenen Woche an, könnte man meinen, sie habe sich mit der gesamten weiblichen Bevölkerung angelegt – oder vielleicht doch nur mit einer kleinen, aber tonangebenden Frauenelite, die sich in Wirtschaft, Politik und Redaktionsstuben vorgearbeitet hat, während die schweigende Mehrheit gerade Mittagessen für ihre Kinder kocht?

Nun, die Ministerin wird sich an ihren Thesen zu Freiheit, Frauen und Gesellschaft messen lassen müssen. Wenn sie es ernst meint, dann muß sie ihrem Ressort jetzt auch ihre Handschrift aufprägen. Dann muß es in Deutschland fortan möglich sein, sowohl die Kita-Erziehung als auch die Erziehung zu Hause gleichwertig finanziell zu unterstützen. Dann können wir auch keine Frauenquote einführen, die zutiefst in die Freiheit der Unternehmen eingreift und neue Diskriminierungen schafft. Die Ministerin hat betont, mit ihr werde es so eine Quote nicht geben. Wir wollen hoffen, daß sie das nicht den Kopf kosten wird.

 

Birgit Kelle ist Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus sowie Mitglied der New Women for Europe.

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