© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

100. Geburtstag Axel Springers
Umdeutung einer Legende
Dieter Stein

Mit Axel Springer wäre am 2. Mai eine verlegerische Ausnahmegestalt 100 Jahre alt geworden. Der Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein hatte über ihn in den sechziger Jahren angesichts des rasanten Aufstiegs einmal donnernd verkündet: „Kein einzelner Mann in Deutschland hat vor Hitler und seit Hitler so viel Macht kumuliert, Bismarck und die beiden Kaiser ausgenommen.“ Mit einer solchen maßlosen Warnung sollte gerechtfertigt werden, Springers verlegerische Macht durch Sondergesetze zu beschneiden. Ein Ansinnen, das jedoch fehlschlug.

Springer wuchs mit seinem Imperium zu einer bedrohlichen Größe für diejenigen, die hofften, die öffentliche Meinung linksliberal dominieren zu können. Besonders Springers Boulevardblatt Bild-Zeitung, Ende der siebziger Jahre mit zeitweise über fünf Millionen Exemplaren Europas größte Tageszeitung, wurde zum Haßobjekt der 68er-Bewegung. Redaktionen, Druckereien und Wohnhäuser des Verlegers wurden Ziel terroristischer Anschläge. Nicht nur Springer, sondern auch leitende Redakteure konnten sich über Jahre nur unter permanentem Polizeischutz sicher bewegen.

Der „rechte“ Ruf des Verlages kam nicht von ungefähr: Das geistige Flaggschiff Die Welt zählte eine Garde von Rechtsintellektuellen zu ihren herausragenden Federn: Hans Zehrer, Armin Mohler, Enno von Loewenstern sind zu nennen, nicht zuletzt Günter Zehm, zeitweise stellvertretender Chefredakteur der Welt, der dort Anfang der siebziger Jahre unter seinem Pseudonym „Pankraz“ die legendäre, inzwischen älteste deutsche Zeitungskolumne schuf, die indes seit 1995 in der JUNGEN FREIHEIT erscheint. Zehms Abgang 1989 bei der Welt, drei Jahre nach dem Tod des Verlegers, ist Symbol eines politischen und geistigen Auszehrungsprozesses, der die Springer-Blätter inzwischen kennzeichnet.

Der Kamarilla um Mathias Döpfner, den aalglatten heutigen Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlages, ist der „rechte“ Ruf, der den Blättern des Hauses auch heute noch anhaftet, peinlich und man versucht, Leben und Wirken des Gründers umzudeuten. Inzwischen diktiert Opportunismus gegenüber dem Zeitgeist und Profitstreben die Verlagspolitik. Geblieben sind auf dem Papier nach dem 11. September von Döpfner ins Absurde gesteigerte verlegerische Grundsätze, die eine transatlantische Position ins Servile kippen lassen und Bild-Schlagzeilen wie diese produzieren: „Wir sind alle Amerikaner“. Das geistige Erbe des Verlegers wurde verspielt.

Wirtschaftlich strotzt das Unternehmen vor Kraft, politisch unterwerfen sich die Blätter weitgehend widerstandslos einem linksliberal dominierten Mainstream und spielten – wie bei den menschenverachtenden Bild-Kampagnen gegen Martin Hohmann und Eva Herman – sogar Vorreiter eines primitiven „Kampfes gegen Rechts“.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen