© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Neue außenpolitische Leitlinien
Berlin hat dazugelernt
Günther Deschner

Seit Jahren ist das Unbehagen über weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr mit Händen zu greifen. Wozu? Für welche Interessen? Mit wem? Das sind die Fragen. Immerhin haben die Ministerien für Verteidigung, Außenpolitik und Entwicklungshilfe jetzt schon gemerkt, daß etwas nicht stimmt. Ein Jahr vor dem avisierten Ende der gescheiterten Afghanistan-Mission basteln sie an neuen „Leitlinien für Auslandseinsätze“. In Zukunft soll man sich nicht mehr vom Modell der eigenen permissiven Gesellschaft einengen lassen, sondern will auch an „einheimische Traditionen“ anknüpfen, „auch wenn sie nicht denen liberaler Demokratien“ entsprächen – inklusive „Zusammenarbeit mit korrupten und gewalttätigen Eliten“.

Das ist mit Blick auf Afghanistan mehr als zynisch. Es klingt ja so, als habe man mit aller Kraft gegen Korruption gekämpft und verloren. Dabei haben wir ein korruptes Regime an die Macht gebracht – im Bündnis mit den kaum den Menschenrechten verpflichteten „Warlords“ der „Nordallianz“. Wird am Hindukusch noch „die Freiheit verteidigt“ oder jetzt etwas anderes? Wollen wir nun nicht mehr den „Guten“ beim Kampf gegen die „Bösen“, sondern den „guten Bösen“ oder auch den „bösen Guten“ beim Kampf gegen die „bösen Bösen“ helfen? Die Auslegung der Begriffe kann dann ja an geraden Tagen im Kanzleramt erfolgen, an den ungeraden im Auswärtigen Amt.

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