© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Doppelschlag
Buch-Thesen: Familienministerin Schröder und ihre Koautorin bringen Feministinnen gegen sich auf
Ellen Kositza

Der Rummel um das Buch von Familienministerin Kristina Schröder war erwartbar, die Gehässigkeit der Reaktionen auch. Schon Wochen vor Erscheinen von „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ gab man vor, zu wissen, daß Schröder „kuschen“ und am „traditionellen Frauenbild nicht kratzen“ (Süddeutsche Zeitung) wird.

Bei der Buchvorstellung im Prenzlauer Berg hagelte es Hohnrufe und Protestgesänge von linken Frauengruppen, und von Spiegel Online wird die Ministerin als „Feindin aller Frauen“ tituliert und dabei abermals auf die Mär von der sogenannten Gender-Pay-Gap rekurriert, wonach Frauen 23 Prozent weniger Lohn erhielten als Männer; eine Ungerechtigkeit, die durch Frau Schröder gestützt werde. Das zeigt, daß die Schröder-Schmäherin des Spiegels nicht über Seite 166 des inkriminierten Buches hinausgekommen sein kann. Hier nämlich rechnet die Ministerin den angeblichen Gratifikations-Skandal noch einmal gründlich nach.

Ja, Frau Schröders Buch provoziert. Man wirft der Autorin vor, daß sie ihre Koautorin, die zugleich Referatsleiterin im Ministerium ist, in deren Ferien das Buch habe schreiben lassen; speziell die Grünen rotieren und haben per Dringlichkeitsantrag die Absetzung der Bundesfamilienministerin gefordert.

Tatsächlich liest man das Buch nicht ohne Erstaunen. Diesen gelassenen Duktus, die offenkundige Belesenheit, den klaren, eloquenten Stil und solch pointierten Inhalt hätte man weder der Ministerin mit ihrer Klassensprecher-Aura noch der elfengleichen Mitschreiberin Caroline Waldeck zugetraut. Die beiden – wobei das „ich“ der Ministerin bewußt in den Vordergrund gestellt wurde – verstehen sich als Gegnerinnen jedweder Ideologie. Sie positionieren ihre eigene Haltung als Standpunkt jenseits des „strukturkonservativen“ (als überholt empfundenen) Frauenbildes und gleichzeitig als Gegenentwurf zum Rollenbild des „Weltanschauungsfeminismus“. Ihre anti-„fanatischen“ Argumente (gegen Quoten, für „Partnerschaften auf Augenhöhe“; sowohl gegen den behaupteten Mythos der aufopfernden Mutter als auch gegen die „Fifty-fifty-Aufgabenteilung“) bewegen sich schmiegsam im Mittelstrom. Zahm und lau ist diese Streitschrift jedoch nicht.

Die beiden Autorinnen zeigen sich vor allem als Pragmatikerinnen ersten Ranges. Nicht ohne Koketterie bezeichnen sie sich als „bekennende Rabenmütter“, die sehr wohl die Vorzüge des emanzipierten Zeitalters anerkennen und „Mut und Kampfkraft“ der frauenbewegten Urmütter loben. Heute hingegen brauche es weniger jenen Überschwang denn die „stoische Gelassenheit eines Ackergauls“, wenn frau ihren Weg unbeeindruckt von Rollenbildvorgaben gehen wolle.

Die Ministerin, die gerade überraschend kraft ihres Amtes der erklärten Schröder-Gegnerin Alice Schwarzer eine großzügige Spende für deren vom finanziellen Aus bedrohten „FrauenMediaTurm“ hat zukommen lassen, rechnet nun abermals – nicht ohne mitleidigen Gestus! – ab mit der „Attitüde der Selbstgefälligkeit“ blindwütiger Emanzen vom Schlage Schwarzers. Die gebärdeten sich „übermütterlich“ als „Gouvernanten“ derer, die selbst entscheiden wollen, ob sie als Voll-, Teilzeit- oder gar keine Mutter reüssieren wollen: „Der Feminismus will die Hand der Frauen, die längst kein Weibchen mehr sind, nicht loslassen.“ Die „Leitbildpropaganda der Karrieremütter“, schreiben die beiden Karrieremütter, sei deshalb perfider als die „samtenen Fesseln“ des „strukturkonservativen“ Frauenbildes, weil das „Gefängnis des feministischen Rollenbilds“ nicht so leicht erkennbar sei: „Alles geschieht ja im Namen weiblicher Freiheit und Selbstverwirklichung.“ Das Vorbild derjenigen Frau, die sich voll erwerbstätig „keinesfalls freiwillig in Abhängigkeiten“ begeben will, erweise sich oft als „trügerische Illusion“ und als „möglichst geräuschlose Eingliederung der Frau in die Arbeitswelt“.

Kristina Schröder beschreibt das Dilemma immer wieder aus privater Sicht, unterfüttert mit Briefen, die sie erreichten. Das wirkt authentisch; den Rand der Peinlichkeit kratzt es dort, wo von „weiblicher Lust“, dem Lob körperlicher „Verfügbarkeit ohne den Beigeschmack der Unterdrückung“ die Rede ist und wo konstatiert wird, daß heute eben der echte Orgasmus den selbstgemachten Kuchen von damals ersetze.

Die überkommene abschätzige Rede von Kindern, Küche und Kirche ersetzt das Autoren-Duo durch das Spannungsfeld Fertilität, Feminismus und Familie. Natürlich wird auch nach „rechts“ ausgeteilt, wobei diese Richtungsanweisung ebenso fehlt wie übrigens das Signalwort „gender“. Die Autorinnen müssen tief kramen, um Verfechter eines altmodischen Frauenbilds zu plakatieren. Dennoch sehen sie den Mythos der „fürsorglichen und bis zur Selbstaufopferung selbstlosen“ Mutter weiterhin als „normativen Zwang“ und in Konkurrenz zur Feministinnenfuriosität fortwirken.

Der Wunsch der Autorinnen, jede Frau möge unbeirrt ihr Leben gestalten, erhaben über die „feministische Fixiertheit auf Ergebnisgleichheit“ ebenso wie über „strukturkonservative Müttermythen“, baut selbst auf dem tönernen und naiven Mythos postfeministischer Aufgeklärtheit: Wer vermag schon den „eigenen Willen“ frei zu formulieren, ohne Stützen und Einflüsterungen von Peer-groups, Werbebildern, TV-Sendungen und ihren „Helden“, Netzforen und, ja: Büchern?

Kristina Schröder mit Caroline Waldeck: Danke, emanzipiert sind wir selber. Piper Verlag 2012, kartoniert, 239 Seiten, 14,99 Euro

Foto: Familienministerin Kristina Schröder (CDU): Orgasmus statt selbstgemachter Kuchen

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