© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Lockerungsübungen
Kein Verlaß auf Eigentumsrechte
Karl Heinzen

Die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner beabsichtigt, die Ölgesellschaft YPF in staatliches Eigentum zu überführen. Dem Unternehmen, das derzeit noch zu 57 Prozent dem spanischen Konzern Repsol gehört, wird vorgeworfen, maßgeblich für die defizitäre Energieversorgung des Landes verantwortlich zu sein. In den 13 Jahren, in denen es unter ausländischer Kontrolle gestanden habe, seien 80 Prozent der erzielten Gewinne als Dividenden an die Anteilseigner abgeführt, Investitionen in die Erschließung neuer Lagerstätten hingegen vernachlässigt worden. Noch während Kirchner ihren Gesetzentwurf bekanntgab, umstellten Polizeikräfte den Hauptsitz des Unternehmens, setzten einen Staatskontrolleur als neuen Geschäftsführer ein und zwangen leitende Angestellte überwiegend spanischer Nationalität zum Verlassen des Geländes.

Bereits in den vergangenen Monaten hatte die argentinische Außenhandelspolitik für Aufsehen gesorgt. Durch Exportbeschränkungen sollten mehr Güter auf dem heimischen Markt angeboten und damit die Preise stabil gehalten werden. Um zu verhindern, daß dies zu einem ausufernden Handelsbilanzdefizit führt, wurden zugleich Wareneinfuhren erschwert oder unterbunden.

Es ist verständlich, daß die benachteiligten oder gar enteigneten europäischen Unternehmen – wie jetzt Repsol oder vielleicht auch bald schon der italienische Stromkonzern Enel – hoffen, in der Durchsetzung ihrer Interessen von ihrer nationalen Regierung oder der EU insgesamt unterstützt zu werden. Diesen Beistand sollte man ihnen jedoch strikt verweigern, weil das machtlose Europa ihn gar nicht leisten könnte. Es ist zudem nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand, private Renditen abzusichern, wenn sich Auslandsinvestitionen oder Exportgeschäfte als zu riskant erweisen. Unternehmen, die sich in Argentinien engagierten, taten dies auf eigene Rechnung. Auf einen Einsatz europäischer Kriegsschiffe am Rio de la Plata, um ihre Fehler auszubügeln, haben sie keinen Anspruch.

Sie sollten stattdessen keine Zeit verlieren und aus den Vorkommnissen in Argentinien ihre Lehre ziehen, da sich diese über kurz oder lang in anderen Weltregionen wiederholen dürften: Wer seinen wirtschaftlichen Erfolg auf vermeintlich sichere Eigentumsrechte und verläßliche Spielregeln im Ausland gründet, wird scheitern.

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