© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Frisch gepresst

Parteienkartell. Für fast 9.000 Abgeordnetenmitarbeiter, die für 2.475 Mandatsträger im Bundestag und in den Länderparlamenten tätig sind, mußte der Steuerzahler 2010 die satte Summe von 224 Millionen Euro aufbringen. Mit dieser kleinen Armee im Rücken sind die Fraktionen zu „Ersatzparteien“ geworden, an die Stelle der durch finanzielle Deckelung, Überalterung und Mitgliederschwund gebeutelten „Staatsparteien“ getreten. Ein Prozeß, der sich nach Auffassung des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim unter Ausschluß der Öffentlichkeit vollzogen hat. Auch die Politikwissenschaft, so wundert sich der Parteienkritiker, habe sich dieser „Geld- und Personalschwemme“ nicht angenommen. Vermutlich, um die Parlamente nicht als Versorgungsanstalten für ihren Nachwuchs zu verlieren. In von Arnims stringent argumentierender Skandalisierung weitgehend ignorierter Fehlentwicklungen erscheint die Belastung des Steuerzahlers aber nicht einmal als das größte Problem. Vielmehr vollzieht sich mit der komfortablen Ausstattung der „Ersatzparteien“ eine Entdemokratisierung des Gemeinwesens. Willensbildung von unten nach oben finde unter der Herrschaft eines sich alimentierenden und Konkurrenz ausschließenden Machtkartells immer weniger statt. Um weitere Einbußen an Bürgernähe und Chancengleichheit zu verhindern, sei die Finanzierung dieser „Parteien im Parlament“ grundlegend zu reformieren. (hs)

Hans Herbert von Arnim: Politische Parteien im Wandel. Verlag Duncker&Humblot, Berlin 2011, broschiert, 94 Seiten, 18 Euro

 

Westpreußen. Schon lange erreicht das seit 1950 erscheinende Periodikum einen größeren Rezipientenkreis als die heimatvertriebenen Westpreußen. Völlig zu Recht, da auch das Jahrbuch 62 Historisches jenseits des Tellerrandes der sonst zu beobachtenden nostalgischen Heimatkreisverklärung bietet. Wie stellvertretend für diese Provinz im deutsch-polnischen Deutungskampf referiert Jürgen Schmidt über den 400. und 450. Geburtstag des Thorner Astronomen Nikolaus Kopernikus „im Banne nationaler und politischer Leidenschaft“. Lesenswert sind ferner Gisela Borschers „Domänen in Westpreußen“ wie auch Tilman Asmus Fischers Aufsatz über „den Mythos Marienkirche“ im Danzig der Zwischenkriegszeit. (bä)

Hans-Jürgen Kämpfert (Hrsg.): Westpreußen-Jahrbuch 62. Westpreußen-Verlag, Münster 2011 broschiert, 164 Seiten, Abbildungen, 15 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen