© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Umwelt
Bioregional kommt an
Volker Kempf

Regionen werden durch Begebenheiten wie Wasserscheiden und Berge eingegrenzt. Brücken verbinden Gebiete miteinander – ohne sie aufzuheben. Niemand lebt auf Brücken, allenfalls unter ihnen. Bioregionalisten wissen, wer über Brücken gehen will, muß irgendwo herkommen, sonst fehlen Halt und Orientierung. Der liberale Soziologe Ralf Dahrendorf hingegen gab einst zu bedenken, Bioregionalismus berge die Gefahr nationaler Engstirnigkeit in sich. Gewiß, man kann alles übertreiben. Aber ist diese Gefahr wirklich real? Manche meinen gar, der Bioregionalismus würde entweder „ökofaschistisch“oder aber „ökoanarchistisch“ sein. Es dürfte dies Ausdruck einer Bioregionalismusphobie sein, ein Sonderfall einer in jenen Kreisen weit verbreiteten „Biophobie“ (Klaus Wahl).

Verbraucher lassen Sonderlinge gerne links liegen, sie lieben ihre bioregionalen Produkte mehr als solche, auf denen nur steht: Hergestellt in EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten. Echte Breisgauer trinken am liebsten Milch aus dem Schwarzwald, Hamburger mögen ihre Nordseekrabben. Warum dem nicht auch Rechnung tragen? Schon vor elf Jahren warnte der Publizist Günther Nenning in seinem „Bauernmanifest“ (JF 25/01) vor der „falschen Globalisierung“ und der „Vernichtung des Bauernstandes“. Auch Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) will nun eine freiwillige, aber kontrollierte Kennzeichnung von regionalen Produkten einführen. Zu tendenziös sei schließlich oft die Werbung mit ihren Suggestionen. Verbraucher sollen erfahren können, welche Bestandteile eines Lebensmittels zu welchem Anteil aus welcher Region kommen. Das benötigt Bürokratie und kostet Geld. Aber wenn es Verbrauchern ihr Geld wert ist, sollte dem nichts entgegenstehen. Die Bürger sind mündig genug, selbst zu entscheiden, was sie wollen. Und sie wollen offenbar ein Europa der Regionen, auch beim Einkaufen.

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