© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Aufgeschnappt
Gedränge auf dem Gottesacker
Matthias Bäkermann

Das Berliner Bestattungsrecht ist das Problem. Es zeigt sich aktuell, daß dieses noch nicht auf die Anforderungen einer bunten Republik ausgerichtet ist. „Die Leute verstehen es nicht, wenn wir ihnen sagen, daß sie das Nutzungsrecht nach zwanzig Jahren verlängern müssen“, beklagt Neuköllns SPD-Stadtrat Thomas Blesing diese Woche im Berliner Regionalteil der Welt. Zwar habe man bereits speziell für Muslime auf den Sargzwang verzichtet, doch die in Berlin übliche Liegezeit von zwanzig Jahren gelte immer noch – und verstößt gegen die ewige Totenruhe des Islam. Sollte diese diskriminierende Maßnahme für Moslems in der Hauptstadt endlich fallen, dürfte es allerdings noch enger auf den Gottesäckern werden, da die derzeit verbreitete Bestattung in den Heimatländern der Verstorbenen wohl zurückgehen würde.

Spätestens dann stellt sich die Platzfrage noch dringlicher, da freie Grabstellen für Bestattungen nach islamischem Ritus schon jetzt zur Neige gehen. Petra Roland von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung versichert, daß man „intensiv an einer Lösung“ arbeite. So sollen die Bezirke freie Flächen auf städtischen Friedhöfen melden. Außerdem könnten „schlecht ausgelastete oder aufgegebene christliche Friedhöfe Bereiche für Muslime abtreten“. Immerhin könnten so dort vormals verstorbene Berliner en passant wieder an einer ewigen Totenruhe teilhaben.

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