© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

„Ich gehe immer alleine aufs Klo“
Männer, Freunde, Mitbewohner: Neil Simons Unterhaltungsklassiker „Ein seltsames Paar“ im Schloßpark-Theater Berlin
Andreas Ferber

Wohin gehst du?“ – „Aufs Klo.“ – „Alleine?“ – „Ich gehe immer alleine aufs Klo.“ Über dem Wohnzimmer hängt noch das abgerissene „Happy Birt...“ vom längst vergangenen Geburtstag. Zwischen blauem Dunst, Müll und Hitze – Ventilator und Kühlschrank sind defekt – versucht die Pokerrunde von fünf Freunden, den vermeintlich selbstmordgefährdeten Felix (Rainer Hunold) abzulenken und von seiner möglichen Absicht, sich auf der Toilette umzubringen, abzuhalten.

Seine Frau hat sich von dem Ordnungsfanatiker und Hypochonder getrennt und ihn rausgeschmissen. Er hat sie über seine Selbstmordabsicht in Kenntnis gesetzt. Per Telegramm. „Felix ist halt so!“ Allen voran versucht Oscar (Ulrich Gebauer), Gastgeber und selbst bereits seit sechs Monaten geschieden, den Niedergeschlagenen wieder aufzubauen.

Die Idee: Felix zieht zu Oscar. Der will auch nicht länger alleine wohnen. In den acht Zimmern ist genug Platz, und daraus ergäben sich nur Vorteile: Halbe Miete und Haushaltskosten sparen – Oscar ist wieder im Verzug mit der Zahlung seiner Alimente. Felix schlägt vor, neben dem Kochen auch aufräumen und putzen zu können. Darin sieht Oscar zwar in seiner Männerwirtschaft keinen Bedarf, aber: „Du kannst die Monogramme meiner Frau aus den Handtüchern friemeln!“

Aus dem „Happy Birt...“ wird schnell ein „Happy“ (engl.: Glücklich). Aber das hält bei diesem ungleichen Paar keine vier Wochen an und gipfelt darin, daß Felix ein längst fälliges Doppelrendezvous mit den bezaubernden „Täubchen“, die Oscar im Fahrstuhl kennengelernt hat, in den Sand setzt.

Die Handlung ist den meisten bekannt. Der Klassiker Neil Simons, der bereits 1965 am Broadway Premiere feierte und 1968 mit Walter Matthau und Jack Lemmon verfilmt wurde, ist heute aktueller denn je. „Es werden jedes Jahr 100.000 Ehen geschieden – irgend etwas Erfreuliches muß daran sein!“ sagt Oscar. Ein humorvoller Umgang mit einem ernsten Thema. Die Geschichte zeigt aber auch, wie vielseitig männliche Charaktere sind und daß nichts über wahre Männerfreundschaft geht.

Ein Fall für zwei eben. Rainer Hunold mimt keinen dickgewordenen Jack Lemmon. Er spielt einen herzergreifenden Felix Ungar mit einer zu „niedrigen Gelassenheitsschwelle“. Dank seines treuen Freundes Oscar, den Ulrich Gebauer facettenreich von besorgt bis haßerfüllt umsetzt, sind die beiden Schauspieler nach so vielen großen Namen nun endlich auch „Ein seltsames Paar“. Ihnen fehlte nur eines: Neal Heftis eingehende Melodie zum Kultfilm von 1968.

Bei einem Klassiker kann man eben nicht wirklich etwas falsch machen. Das dachte sich sicher auch Adelheid Müther bei ihrer wunderbaren Inszenierung. Den Beweis dafür erbrachte das begeisterte Publikum des Schloßpark-Theaters bei der Premiere am 28. April.

Die nächsten Vorstellungen im Schloßpark-Theater Berlin, Schloßstraße 48, finden statt am 23./24./25. und 26. Mai sowie vom 21. bis 25. Juni, jeweils um 20 Uhr. Telefon: 030 / 7 89 56 67 - 100

www.schlosspark-theater.de

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