© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Leserbriefe

Zu: „Kenan Kolats Keule“ von Herbert Ammon, JF 19/12

Wie der Regierungschef in Ankara

Herr Kolat führt sich auf wie sein Regierungschef in Ankara. Der Herr der Türkischen Gemeinde darf sich unwidersprochen anmaßen, uns zu maßregeln und sich auf eine Umfrage der Universität Ankara berufend behaupten, der „Nationalsozialistische Untergrund“ sei von staatlichen Stellen unterstützt worden. Ich frage mich: Wann findet sich bei uns endlich ein couragierter Politiker, der Herren dieser Art in die Schranken weist?

Prof. Dr. h.c. Konrad Zimmer, Königsberg / Franken

 

 

 

Zu: „Doppelschlag“ von Ellen Kositza, JF 18/12

Ministerin als Einzelkämpferin

Kristina Schröder hat recht. Der Blick in die Säugetierwelt, zu der wir gehören, sollte unsere Sinne schärfen und uns an unser Urinstinktverhalten erinnern. Der bis zum Einsatz des eigenen Lebens reichende Schutz der eigenen Nachkommen durch „Mutter- und Vatertier“ und die Weitergabe von Erfahrungen vom Säuglingsalter bis in die erste Selbständigkeit hat uns im Verlauf der Evolution von Anfang definiert. Der allgemeine, fühlbare Schutz der Kleinfamilie und die daraus resultierende charakterliche Ausbildung findet in erster Linie in der eigenen familiären „Zelle“ statt und läßt jeden einzelnen von uns zu einer „Persönlichkeit“ mit eigenem Willen und Verstand heranwachsen. Krippeneinrichtungen erscheinen dagegen eher wie eine „Schafsherde“, alle verhalten sich gleich und werden so zu „Beutetieren“. Aber vielleicht ist es ja Absicht, weil so der neue „Zukunftsmensch“ aussehen soll?

Werner Zoerner, Arnsberg

 

 

Zu: „Lieber Patriot als Unternehmer“ von Ronald Berthold, JF 18/12

Biographische Lücken noch offen

Neben Bild huldigt auch die JF dem Verleger Axel C. Springer. Doch in all diesen Darstellungen sind auffällige Lücken in der Biographie. Ein Zufall? So stellt sich die Frage, warum und unter welchen Umständen er sich 1938 von seiner jüdischen Frau scheiden ließ und welchen Einfluß dies auf sein späteres Verhältnis zu Israel hatte. Zu fragen wäre auch, wie er das Dritte Reich überstand, das heißt, wie er zu dem „roten Ausmusterungsschein“ für dauernde Wehrunfähigkeit kam. Zu klären wäre auch, ob Springer Bild wirklich erfunden hat oder – wie kolportiert wird – hierzu mit sieben Millionen Dollar von der CIA unterstützt wurde, um so auf das geistige Leben in der BRD Einfluß zu nehmen. Damit verbunden wäre auch die Frage nach der bedingungslosen Unterstützung des Schah-Regimes mit seinen „Jubelpersern“.

Gerd Mieleitner, Kottgeisering

 

Henk Ohnesorge vergessen

Ein wichtiger Name in Ihrer Auflistung der konservativen Köpfe der Welt fehlt: Henk Ohnesorge, Leiter der Leserbriefredaktion! In dieser Funktion ermöglichte er den Lesern, ihre Kritik an der damaligen Bundesregierung zu äußern. Auch damals war schon innenpolitisches Wohlverhalten gefragt, gerade was die Ost-, Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik betraf. Ich war in den neunziger Jahren stellvertretende Landesvorsitzende Schleswig-Holstein der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung in der CDU/CSU. Die Welt gab uns ein Forum für unsere konservative Meinung! Unserer Partei waren wir schon damals suspekt. Wir waren „die Schmuddelkinder“. Nur wenn Wahlen anstanden, waren wir plötzlich gefragt. Heute würden unsere Leserbriefe wohl ignoriert werden. Die Zeitung unterscheidet sich nicht mehr von anderen linksliberalen Blättern.

Ulla Schroeder, Hamburg

 

 

Zu: „Grass und die Folgen“ von Karlheinz Weißmann, JF 17/12

Eher pro- als antiisraelisch

Karlheinz Weißmann ist zuzustimmen, wenn er konstatiert, daß Auschwitz erst mit der 68er Kulturrevolution zum Gründungsmythos der Bundesrepublik erklärt wurde. Dieser Sieg der destruktiven Linken war der Beginn einer negativen nationalen Identität, die in dem Satz Joschka Fischers vom „Gründungsmythos“ gipfelte.

In diesem geistigen Klima ist Kritik an Israel, die sich bei uns meist an der Behandlung der Palästinenser entzündet, nur in einem sehr engen Rahmen möglich, obwohl sie der Neigung unpolitischer Menschen, sich emotional auf die Seite der Unterlegenen zu stellen, und dem natürlichen Gefühl für Fairneß und Gerechtigkeit entspricht. Doch nur wer einen massiven Bonus an Prominenz mitbringt – und verspielt –, dessen Kritik wird öffentlich wahrgenommen, aber oft genug als Antisemitismus mißverstanden. So engagieren sich viele für die Palästinenser, denen immer wieder ihre mit europäischen Entwicklungsgeldern aufgebauten öffentlichen Einrichtungen zerbombt werden.

Grass’ Sorge um den Weltfrieden ist vielleicht etwas übertrieben, aber Israel vor einer Hybris und ihren Folgen zu warnen ist eher pro- als antiisraelisch. Wenn allerdings führende Politiker Israels so laut und locker von militärischen Aktionen sprechen, dürfte es ihnen eher um Abschreckung als um die Vorbereitung für einen Angriff gehen.

Prof. Dr. Kurt Heißig, München

 

Noch‘n Gedicht: War Goethe gut?

„Du kennst das Volk, das man die Juden nennt (...) sie haben einen Glauben, / Der sie berechtigt, die Fremden zu berauben (...) Der Jude liebt das Geld und fürchtet die Gefahr. / Er weiß mit leichter Müh’, und ohne viel zu wagen, durch Handel und durch Zins Geld aus dem Land zu tragen (...) Doch finden sie durch Geld den Schlüssel aller Herzen, / Und kein Geheimnis ist vor ihnen wohl verwahrt (...) Sie wissen jedermann durch Borg und Tausch zu fassen; / Der kommt nie los, der sich nur einmal eingelassen.“ So läßt es uns Johann Wolfgang Goethe wissen, in seinem Schwank „Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“. Es stellt sich die Frage: Müssen wir Goethe jetzt aus den Regalen nehmen, Goethe-Schulen und Goethe-Straßen und -Plätze umbenennen und alle Goethe-Institute schließen?

Peter Schamp, Berlin

 

 

Zu: „Deutsche U-Boote vor Haifa“ von Marcus Schmidt, JF 17/12

Kontrollgesetz unterlaufen

„Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für die Existenz und Sicherheit des Staates Israel“: Da wir das immer wieder hören müssen, wirkt es, wie ehedem Herbert Wehner zu sagen pflegte, wie „vorgelutschte Bonchens“. Unabhängig von der Dichtung eines Herrn Grass ist festzustellen, daß die BRD das selbst gefertigte Kriegswaffenkontrollgesetz ad absurdum führt. Unser Land macht sich mit der Waffenlieferung an Israel an der Tötung von Zivilisten schuldig. Geradezu grotesk mutet es an, die Deutschen „auf Linie“ zu bringen und im Falle der gelieferten und noch zu liefernden U-Boote den Deutschen Steuerzahler zusätzlich zu belasten.

Seit Jahren beobachte ich die Debatte, daß unsere U-Boote auf Howaldt in Kiel – unter Projektleitung israelischer Ingenieure – für den Abschuß nuklearer Lenkwaffen ausgerüstet werden können. Mich wundert diesbezüglich die augenscheinliche Unwissenheit der Presse. Oder gibt es einen Maulkorb?

Wolfgang Faas, Wald

 

 

Zu: „Austritt aus der Unmündigkeit“ von Dieter Stein & „Vom Wahn befallen“ von Thorsten Hinz, JF 16/12

Skandalisierung mißlungen

Zu Steins Diagnose, der zufolge Grass’ „verunglücktes“ Gedicht den Deutschen Mut macht, „aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit“ herauszutreten, gesellt sich Thorsten Hinz’ hervorragende Analyse des vom Dichter gewagten intellektuellen Eingriffs in eine hochsensible außen- wie innenpolitische Gemengelage. Der Versuch eines Großteils der medialen Öffentlichkeit, Grass’ mutige Warnung zum Skandal zu deklassieren, darf bereits als mißlungen bezeichnet werden. Die pauschale Verurteilung ist rasch einer sachlichen Auseinandersetzung gewichen.

Hierzu eine erweiterte Perspektive: Angesichts der völlig unzureichenden Beweislage für ein iranisches Nuklearwaffenpotential, geschweige denn Vorbereitung eines bewaffneten Angriffs auf Israel, wäre ein (bereits exzessiv dikutierter) israelischer ‘Erstschlag’ ein Kriegsverbrechen („Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges“) mit völkerrechtlichen Konsequenzen für die Verantwortlichen. Zudem provozieren Israel und der Westen den Iran durch immer präzisere Angriffs-Planspiele – wie zum Beispiel Josef Joffes Essay „Der Nervenkrieg eskaliert“ (Die Zeit vom12.04.2012) – in eine Bedrohungslage, aus welcher heraus ihm eine völkerrechtlich vertretbare Präventivschlags-Option zuzugestehen ist.

Da solcherart Provokationen wohl ohne die deutsche und US-amerikanische bedingungslose Beistandsverpflichtung nicht in dieser Schärfe denkbar wären, ist zu überlegen, ob nicht der beste Beistand darin bestehen würde, Israel vor sich selbst zu schützen, nämlich durch Infragestellung eines militärischen Beistandes für den Fall einer durch einen israelischen Angriff ausgelösten kriegerischen Auseinandersetzung.

Dr. Eberhard Reusse, Rom

 

Entlarvende Reaktion Israels

Grass hat lange brav geschrieben, was „angesagt“ war und wurde dafür mit dem Nobelpreis wohl eher belohnt als geehrt. Er hat sich als Wahlhelfer für die SPD verdient gemacht und war viele Jahre angepaßt. Jetzt muckt er einmal auf, und was ist der Dank – ein Einreiseverbot. Ohne auf das literarische Schaffen und die Argumentation von Grass einzugehen oder auf die Komplexität der Zusammenhänge um die Dauerkrise in Nahost, aufschlußreich ist die überzogene Reaktion des israelischen Innenministers Eli Yischai allemal. Denn als Touristen, die ihr Geld in Israel ausgeben, sind wir im Heiligen Land willkommen, aber nur, wenn wir uns äußern, wie es dem ultra-orthodoxen Eli Yischai genehm ist. Zum Glück gibt es Reiseziele, die Touristen weniger Anpassungsleistungen abfordern.

Werner Ziegler, Berlin

 

 

Zu: „Deutsche Bank kündigt Deutschen Konservativen“ von Felix Krautkrämer, JF 16/12

Nicht durchgehen lassen!

Die Verantwortlichen in den Banken meinen das wahrscheinlich gar nicht mal persönlich, sondern befürchten wohl geschäftliche Nachteile, wenn Geschäftsbeziehungen zu Rechten bekannt würden, oder erhoffen sich geschäftliche Vorteile, wenn ihre Aktionen gegen Rechte bekannt werden. Es ist jedenfalls der reine Opportunismus. Trotzdem sollte man sich die Verantwortlichen merken, um sie aus den Banken zu entfernen, wenn die Zeit dafür kommt. Das wäre dann auch nichts Persönliches, aber so ein Verhalten der Bankmanager kann man selbstverständlich nicht durchgehen lassen.

Wolfgang Richter, Staudernheim

 

 

Zu: „Die bärtigen Männer und der Koran“ von Hinrich Rohbohm, JF 17/12

Die Folgen fehlender Lektüre

Hat eigentlich schon jemand darüber nachgedacht, was passiert, wenn ein auf deutschen Straßen verteiltes Exemplar des Korans vom Empfänger verbrannt, zerrissen oder in die blaue Tonne geworfen wird? Hier wird der Koran wie ein Flugblatt verteilt, das man üblicherweise nach Überfliegen entsorgt. Aber auf den indezenten Umgang mit dem Heiligen Buch des Islams steht meines Wissens die Todesstrafe, und Salafisten sind – wenn man Presseberichten trauen darf – da nicht zimperlich.

Dr. Kuno Hinrichs, Fürth

 

Die Salafisten sind eine Chance

Der Umgang mit der Koranverteilungsaktion in den Fußgängerzonen deutscher Städte ist einmal mehr symptomatisch für die hiesigen Probleme. Statt eine Debatte anzuregen, die sich mit dem Inhalt dessen beschäftigt, was da verbreitet wird, beschränken sich die Hauptmedien auf die Frage, wer die Aktion organisiert und finanziert hat. Meist gipfelt die Berichterstattung in die – naiv anmutende – Frage: „Dürfen die das?“

Die Antwort ist klar: Selbstverständlich darf in unserem Land für Religion geworben werden. Aber mit dieser Freiheit ist die Verantwortung verbunden, für den Inhalt des Beworbenen geradezustehen. Meiner Meinung nach muß jetzt eine möglichst objektive Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Korans in der Öffentlichkeit erfolgen. Der Vorstoß der Salafisten ist eine Chance, ein Thema auf die Agenda zu setzen, das meist gemieden oder mißbraucht wird, um sich in Szene zu setzen. Nimmt die Öffentlichkeit zur Kenntnis, auf was ein immer stärker werdender Teil unserer Gesellschaft seinen Glauben aufbaut, stellt sich die Frage nach der Auslegung von selbst.

Die muslimischen Organisationen beeinflussen die Politik und sollten deshalb auch darlegen, wofür sie stehen. Nachdem die Gesellschaft weiß, wer wie zum Inhalt des Buches steht, kann ehrlich und fundiert eingeschätzt werden, wer wie zur westlichen Gesellschaft steht, und dann stellt sich nicht die Frage „Dürfen Salafisten den Koran verteilen?“, sondern „Darf unsere Gesellschaft Nährboden für radikale Ideologien sein?“

Hannes Kiebler, Rottweil

 

 

Zu: „Der Umsatz steigt, aber die Kneipen sterben aus“ von Michael Martin, JF 17/12

Unkritische Bestandsaufnahme

Meines Erachtens zäumt der Autor des Artikels das Pferd von hinten auf. Der Hauptgrund des Kneipensterbens liegt sicherlich in dem gesetzlich verordneten Rauchverbot. Dieser Ursache widmet er jedoch erst gegen Ende seiner Betrachtungen einen verschwindend geringen Anteil. Auch muß ich dem dargestellten Alkoholverzicht und der angeblichen Gesundheitseinstellung unserer Jugendlichen widersprechen. Zudem sehe ich das Argument für die Verluste der heimischen Imbißketten als sehr weit hergeholt. Sie sind wohl eher von McDonalds und ähnlichen Ketten verdrängt worden, als von dem angeführten Gesundheitsverhalten. Ich hätte von Ihrer Zeitung eine kritischere Betrachtung der Gesamtzusammenhänge erwartet.

Evelyn Schumertl, Essen

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