© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/12 25. Mai 2012

Blick in die Medien
Urheberrechtsstreit mal andersherum
Toni Roidl

Im Streit über Urheberrechte sind die Fronten klar: Hier die klassischen Medien, dort die großmäuligen Internet-Desperados. In den USA hat sich unlängst ein Fall abgespielt, der diese Rollenverteilung auf den Kopf stellt. Urheberrechtsstreit mal andersrum: Der US-amerikanische Blogger Duane Lester (www.allamericanblogger.com) stellte überrascht fest, daß die Tageszeitung Oregon Times aus Missouri einen längeren Artikel von seinem Internetblog inklusive Überschrift (und Rechtschreibfehlern) eins zu eins kopiert und eingefügt hatte.

Also suchte Lester die Redaktion auf. Mit einer laufenden Videokamera im Anschlag konfrontierte er den Herausgeber Bob Ripley mit dem ungefragt abgekupferten Beitrag und forderte 500 US-Dollar als Kompensation für die Verletzung seines geistigen Eigentums.

Der Redakteur, ein rüstiger „Redneck“, geht auf Kollisionskurs („Junge, ich bin schon länger im Geschäft als du...“) und versucht, den ungebetenen Gast aus dem Büro zu komplimentieren. Der läßt aber nicht locker. Schließlich ist in dem Video zu sehen, wie der genervte Redakteur Szenarien durchdenkt, Konsequenzen abwägt. Dann stellt er zähneknirschend einen Scheck über 500 Dollar aus. Blogger Lester, der übrigens ein Verehrer von Ronald Reagan ist, triumphiert. Er ermutigt Zuschauer: „Laßt euch nichts klauen und steht für euch selbst ein! Es ist nicht schwer, wenn ihr im Recht seid!“

Leider doch. Zudem wird die ganze Materie nicht leichter entwirrbar. Der Streit um das Urheberrecht wächst sich zu einem Kulturkampf aus, der nicht auf die digitale Unterhaltungsindustrie beschränkt bleibt.

Trotzdem: Lesters Appell sollte sich der maskierte Mob der Anonymous-Internet-Hooligans mal dick hinter die Guy-Fawkes-Grinsefratzen schreiben.

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