© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/12 25. Mai 2012

Deutschland im Zweiten Weltkrieg: Albert Speers Rüstungswunder
Ausbeutung Europas entscheidend
(ob)

Wasser auf die Mühlen von Götz Aly und seiner These vom nationalsozialistischen „Volksstaat“, dessen Wohlstand aus der Ausbeutung der von der Wehrmacht besetzten Länder Europas resultierte, spült Jonas Scherners Analyse des deutschen „Importbooms während des Zweiten Weltkrieges“ (Historische Zeitschrift, Band 294-2012). Bis heute gelten die vom Statistischen Reichsamt veröffentlichten Daten zur deutschen Handelsbilanz als Basis für Aussagen über den Außenhandel des Reiches zwischen 1939 und 1945. Diesen Zahlen zufolge erscheint die Handelsbilanz fast ausgeglichen und das Defizit im Handel mit den besetzten Ländern „erstaunlich gering“. Dies sei der NS-Propaganda zupaß gekommen, da solche Statistiken in der internationalen Öffentlichkeit den Eindruck erweckten, Deutschland beute das von ihm beherrschte Europa nicht aus. Gestützt auf bislang nicht ausgewertete Quellen glaubt Scherner belegen zu können, daß eine von Wehrmachtsbehörden zu verantwortende unzulängliche Erfassung der Lieferungen zu irreführenden Importstatistiken führte. Auch sei die Wirtschaft der okkupierten Staaten nicht erst „richtig“ nach 1941 in diese deutsche Kriegswirtschaft eingebunden worden. Dies geschah bereits Mitte 1940, und gerade dieser frühe Beginn der Ausbeutung trug zu Albert Speers „Rüstungswunder“ zwischen 1942 und 1944 entscheidend bei.

www.oldenbourg-verlag.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen