© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Robert B. Laughlin. Der Nobelpreisträger liest der Energiewende die Leviten
Der Öko-Dunkelmann
Wolfgang Kaufmann

Der letzte macht das Licht aus“, so lautet der Titel des neuen Buches von Robert B. Laughlin, der gerade durch Deutschland tourte, um sein Werk vorzustellen. Die Presseechos allerdings sind wenig freundlich; die Zeit etwa verglich den 61jährigen gar mit einem „Pumuckl im Smoking“. Dabei ist der agile Kalifornier immerhin Nobelpreisträger für Physik; er erhielt die Auszeichnung 1998 für die theoretische Erklärung eines wichtigen Quanteneffekts. Zudem lehrt er nun schon seit zwei Jahrzehnten an der US-Eliteuniversität Stanford.

Aber wie das eben so ist: Wer heilige Kühe schlachtet, muß damit rechnen, selbst mit gewetzten Messern verfolgt zu werden. Laughlin versucht sich nämlich immer mal wieder als Querdenker. So hat er die Fachwelt bereits 2008 mit seiner Äußerung brüskiert, die Urknall-Theorie habe quasireligiöse Züge und laufe ansonsten auf eine bloße Marketingmaßnahme subventionshungriger Grundlagenforscher hinaus.

Das ist aber gar nichts gegen den Rubikon, den der Physiker diesmal überschreitet: In seinem neuen Buch philosophiert er über die Zukunft der Energieversorgung der Menschheit, und das mit ziemlich provokanten Thesen, welche viele Zeitgenossen auch und gerade in Deutschland auf die Barrikaden treiben. Unter anderem sagt Laughlin rundheraus, daß die Hinwendung zu den alternativen Energien eine ausgemacht dumme Entscheidung gewesen sei, denn die Menschen blieben letztlich doch immer Egoisten, welche stets die billigste Energie bevorzugten. Deshalb könne die derzeitige Energiewende in Deutschland, das heißt die Abwendung von der Kernenergie, auch nur in einem gewaltigen Fiasko enden. Zum einen wegen der immer größeren Abhängigkeit vom Gaslieferanten Rußland, zum anderen weil der Tag kommen werde, an dem die finanziell heftig gebeutelten Bürger wieder den preiswerten Atomstrom zurückhaben wollen – selbst um den Preis möglicher Reaktorunfälle.

Ebenso vertritt der Nobelpreisträger die Ansicht, daß die Suche nach einem Ausweg aus der bald eintretenden Energiekrise gegenüber Maßnahmen gegen den Klimawandel Priorität genießen müsse: Die Tatsache, daß die fossilen Brennstoffe in maximal zweihundert Jahren verbraucht sein werden, sei von sehr viel größerer Wichtigkeit als die Reduzierung des CO2-Ausstoßes um einige Prozent, welche doch sowieso kaum nennenswerte Effekte verspreche. Aussagen wie diese riefen natürlich diverse Verfechter der These von der vom Menschen verursachten Erderwärmung auf den Plan, welche unter anderem höhnisch vermerkten: „Er hat seinen Nobelpreis ganz offensichtlich nicht in den Klimawissenschaften bekommen.“ Als ob ein spezialisierter akademischer Sachverstand heute tatsächlich eine zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an der Debatte über den Klimawandel wäre.   

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