© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Welle der Gewalt
Linksextremismus: Zahl der Übergriffe auf Studentenverbindungen steigt weiter an
Michael Martin

Angriffe mit Steinen, Farbbeuteln und Brandsätzen auf Korporierte und Verbindungshäuser: Die gewaltsamen Übergriffe auf Studentenverbindungen in Deutschland reißen nicht ab. Der Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) hat daher auch für das Jahr 2011 eine Dokumentation über die Gewalt gegen Studentenverbindungen veröffentlicht.

Danach war für den Berichtszeitraum ein Anstieg von Gewalttaten gegen Studentenverbindungen und ihren Angehörigen von über 40 Prozent auf 144 Fälle (2010: 102) zu verzeichnen. Insgesamt wurden 111 Verbindungen Opfer von Anschlägen, das waren 29 mehr als im Jahr 2010. Es kam zu dreizehn Brandstiftungen, zwanzig Körperverletzungen und fast achtzig Fällen von Sachbeschädigungen mit einem Schaden von mehreren hunderttausend Euro. „Obwohl die Aufmerksamkeit der Medien etwas zugenommen hat und sich einige Politiker schützend vor die Korporationen gestellt haben, bleibt doch das Schweigen der breiten Öffentlichkeit und die stillschweigende Duldung der Taten durch weit linksstehende Kreise bedauerlich“, heißt es in der Dokumentation des CDA. Die Erhebung basiert auf Anzeigen und internen Meldungen von Betroffenen, Bekennerschreiben und der Auswertung von Polizei und Verfassungsschutzberichten. Die tatsächliche Zahl der Übergriffe dürfte deutlich höher liegen. Seitens der Corps und der katholischen Verbände gingen beim Verfasser, wahrscheinlich aus Angst vor weiteren Anschlägen, nur wenige Informationen ein, heißt es dazu.

Nimmt man die Veröffentlichungen zum Maßstab, dann bleibt festzustellen, daß sowohl Korporationen als auch die Polizei sensibler mit dem Thema umgehen. Wurden Farbschmierereien früher noch in aller Regel hingenommen, so ist die Bereitschaft gestiegen, eine Anzeige zu erstatten, auch wenn diese in aller Regel im Sande verläuft. So wurden bei 80 Anzeigen insgesamt nur sechs Strafverfahren eingeleitet. Von diesen Verfahren landeten am Ende nur zwei vor Gericht, beide Verfahren wurden eingestellt.

Die Dokumentation „Gewalt gegen Korporationen“ wurde im vergangenen Jahr von überregionalen wie regionalen Medien aufgegriffen, nicht immer im positiven Sinne. Solidarität von Politikern gab es auch vereinzelt. Prominente Politiker wie der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag Hans-Peter Uhl (CSU) und der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) haben die Gewalt verurteilt und sich schützend vor die Korporationen gestellt. Insgesamt stieg die Berichterstattung besonders, wenn es sich um Brandstiftung oder körperliche Gewalt handelte. Sachbeschädigungen werden dagegen bis heute nicht großartig thematisiert – und wenn, dann in linksextremen Internetforen begeistert gefeiert. So konzentrierte sich die Gewalt vor allem auch auf Hochschulstandorte mit starken linksradikalen Szenen wie Göttingen, Halle, Jena oder Marburg. Vermehrte Übergriffe gab es auch in Gießen, Köln, Bonn oder Wien. Als relativ sicher gelten Hochschulstandorte wie Stuttgart.

Mit Besorgnis wurden vermehrte Übergriffe am Rande von Verbandstagungen wie dem Coburger Convent (siehe Seite 12) oder dem Burschentag in Eisenach registriert. Im vergangenen Jahr wurde ein aktiver Burschenschafter der Franco-Bavaria München von Linksextremisten brutal zusammengeschlagen, der Täter kam wie immer straffrei davon, weil vor Gericht behauptet wurde, es habe sich um eine Notwehrsituation gehandelt. Bisher ungeahndet blieben auch Bekennerschreiben im Internet, in denen sich sogenannte Antifaschisten zu Anschlägen auf Verbindungshäusern bekannten.

Der Politikwissenschaftler und Extremismusforscher Rudolf van Hüllen, ehemaliger Referatsleiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz, hat die linksextremen Gewalt der Dokumentation zufolge als unterschätzt bezeichnet. Es gäbe keine öffentliche Ächtung ihrer Taten. In einem Aufsatz für die Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei heißt es: „Zudem sind linksextremistische Themen und Akteure an Teile der Zivilgesellschaft ‘anschlußfähig’, von einer gesellschaftlichen Ächtung und Isolierung, wie sie (…) gegenüber dem Rechtsextremismus existiert, kann keine Rede sein.“ Am Ende der CDA-Broschüre heißt es denn auch ernüchternd: „ Anschläge auf Verbindungshäuser sind für diese jugendlichen Mitläufer erste Übungen für eine linksextremistische Karriere.“

 www.akademikerverbaende.de

Foto: Tatortfotos aus der Studie des CDA: Zahlreiche Brandstiftungen und Schmierereien

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