© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Investoren-Debakel bei Facebook-Börsengang
Abgezockt
Matthias Görtz

Nach dem Debakel um das Kapitalmarktdebüt von Facebook wollen einige beteiligte Banken kleinere Investoren, die eine Sammelklage angestrengt haben, entschädigen. Der Vorwurf lautet, daß die am Börsengang beteiligten Großbanken ausgesuchte Kunden kurz vor dem Aktienverkauf darüber informiert hätten, daß sie bei Facebook mit einem schwächeren Wachstum rechneten. Kleinanleger seien nicht informiert worden und hatten schon kurz nach dem Kauf heftige Verluste erlitten.

Aber wurde jemand gezwungen, diese Aktien dieser Firma (Werbespruch: „Facebook ist und bleibt kostenlos.“) zu kaufen? Aktien können steigen, sie können aber auch fallen. Wenn Anleger so naiv sind und in Facebook eine Möglichkeit sehen, Geld anzulegen, oder gar darauf spekulieren, damit reich zu werden: sind sie da nicht selbst schuld, wenn sie so ihr Geld verlieren? Denn eigentlich ist Facebook so unnötig wie ein Kropf. Wer es nutzen will, bitte. Doch die Zahlen allein (und vor allem das logische Denken) würden jeden vernünftigen Menschen davon abhalten, Anteile einer solch zeitgeistigen Firma zu kaufen. Laut Börsenprospekt hat Facebook seinen Umsatz 2011 um 88 Prozent auf 3,7 Milliarden Dollar ausgeweitet, davon blieb ein Nettogewinn von genau einer Milliarde Dollar übrig.

Das Unternehmen war dann in den letzten vier Wochen vor dem Börsengang – ohne daß sich irgend etwas am Unternehmen grundlegend geändert hätte – plötzlich um rund 30 Prozent „mehr wert“ geworden. Ob die Produktwerbung bei Facebook, die ja im Grunde bislang die einzige Einnahmequelle ist, für Unternehmen etwas bringt, ist überdies recht zweifelhaft. General Motors beispielsweise erklärte kürzlich unumwunden, daß Werbung via Facebook nicht funktioniere. Was man beim Börsengang dann wieder sehen konnte: Wenigen Gewinnern steht eine große Masse abgezockter Verlierer gegenüber. Hatten die Käufer der Aktie allen Ernstes etwas anderes erwartet?

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